Poetik für den Vorwand.

Freitag, 30. Oktober 2015

sulumor und sumer


sulumor und sumer

im schoße der leinentücher reißen maschen
der staub besiegelt das neue testament im lederband
hier zuckte der muskel, wundendbrand, und machte rund den rand
verschwimmend die triebblüten auf den fallend kleiderlaschen

hoch! eine brüderlichkeit, genährt mit brüsten ohne mitte
halbnackt, erschlaffte glieder, vor der industriellen sitte
verrußte weiten, man sah dem einem und andrem die zitzen
des blutes barfuß waldwanderung, der seitenlinie treu, aufeinander sitzen

und wie nun sensibel die purpurnen kleider sich selbst befeuchten
man sieht dem strammen keine schwere an
und wie schnell der kleiderwechsel umging das siebend augenleuchten
plötzlich einer selbst fremd, dem leer-vollen arbeitsraum an fersen dran

tief! man stöhnt so leicht mit und ohne den gesell
der weinfleck das weiße als brandmarke auf dem fell
man verreibt und verblasst, bläst die schattenfalten
und sieht die sonne an neuen haken halten

und endlich ist man tot und lebendig
man reist mit den eigenen boten
denn man kennt die wälder nur zu schlecht
und weiß so zuviel über sie

seht das bunte kind, dass am ende auch jeden baum
entreißt für die stadt seiner bedürfnisse





Donnerstag, 29. Oktober 2015

Mittwoch, 28. Oktober 2015

der kleine raum

plastikarmschienen neben meinen fensterkränzen
die taue zittern um meinem unterleibslosem zimmer
die gelegten ölspuren finden zurück zum anfang immer
in alphabet schwangeren tänzen

raumfüllende steppeinlage
ich verwechsle kopfspäne und radiergummis
nächte kommen zu tage
schlafen auf augen flummis

idealismus

frühstück um halb drei
den oberkörper beschmieren
und straßenlaternenfüßchen auf dem bauchfett brutzeln lassen
still und ohne farbe
denn der kaffe füllt sich von selbst nach
und kann nicht überlaufen bei meinem mündlichem laubgebläse

Dienstag, 27. Oktober 2015

meeressaft

hier tränen hölzernde schiffsplanken
sich zusammen zu mästigen ranken
segel die für die walküre ertranken
sich in haaren wiegende galionsfigur im walhalla versanken

meereskarten, geordnet nach sonnenseufzen
und küssen ohne sandkontakt
der seestich eines kolibris
den liebenden den eigenen saft einschenkend

hammer und sichel und

fladdernde raschelgestalten, die papiere angehetzt an die hartzlecks
speiend hospitäler schaffen in nachtdämmerung, zwecks
gesetzform der rebellion, schmollende kinder werfen bücher, füße stapfen auf schreibstelzen
schmelzen dahin butterrationen, basteln aus verpackungen hammer und sichel und
münzen

Montag, 26. Oktober 2015

des webers stummer siegeszug

des webers stummer siegeszug
indem er speichelt herzhaft jede fug
sodass seine lippen küssend luft hinterziehen
die garnkreuze traurig hinterblieben

der starrt noch in tauende schatzstuben
endlich nur hier dröhnen ihm fugen
sie pusten von fremden brüsten wässrigen staub
seine augen und ringsum flachland, das war der mundraub

Sonntag, 25. Oktober 2015

kleider machen menschen

hauttücher verwerfen sich
an turbane der gestirne
wie der nacken der streifend hand wich
dass wehen des fladdernden schwarztuch entzürne

wie tief man des rumpfes atemluft begehrt
selbst unter der weißen kappen schirme
welch dressur, wenn man sich nackt doch entehrt
auf die brustmitte drückende kleidertürme

und am letztem grünem blatte
mit tiefen fingerstichen in die gebetsmatte
fließt wasser aus luftigem stein über köpfe
im falle, sie kehren je zum anderen zurück, die gläubigmageren geschöpfe

Samstag, 24. Oktober 2015

mutterstolz (Prosa)

mutterstolz

Konturen werfen und Konturen schlucken, das eine als die Bedinung des anderen, eines dem anderem voraus gesetzt, schwarze Tinte auf weißem Papier müsste es dokumentieren und Nachwelten aufbereiten, doch fürchtete man eine zu frühe Nachbrut, jene, deren Augenblick nicht fallen würde auf vergilbtes, nein, immer noch stechendes und weißes Papier.
Der Lüftungsmarsch, stramm gezogene Rinden, erfeuchtet im herbstlichem Gegenwind, nackt für den Baumfäller, mit Gehrock gemustert für den Jäger. Hier, auf Krusten klarer Linien, wuchernd im Stillleben, dampfend doch so oft bei fahler und fader Sonne, auch den Fall jenes Feuerballes nach dem Aufstehversuch verfälschend durch diese ungebändigten stillen Stürme, das plumpe Stürzen und Fortbewegungen, die einstudiert und bewährt waren; hier, ein roter Platz in müden Sonnenversuchen, hier, Risse in Rinden, tausende kleine Körper (wie hätte man ihr Alter nicht tief unter dem eines stämmigen und knöchrigen Menschens schätzen können), Küchenmesser und die langsame Rillenwaschung in ihre Körper, ein süßer Schmerz, gleich einem sich langsam lösendem Garn eines schweren Kleidungsstückes. Unsortierte Kriegsbemalungen wuchsen auf ihre nackten Körper, man verrieb und fasste sich in die Wunden, man drückte und spurtete, man starrte auf den Harz, man säuberte nicht, man trank.
Und auch Schreie von allen Seiten waren keine Wogen für drehende Hälser, diese nassen Segeltücher hielten ihren Blick vielmehr starr und erwartungsvoll, ausgearbeitete Naivität, der Schmerzausdruck automatisiert, modelliert, seltsam trockene Aktfotografie. Die Riegen hoben sich, die Wallungen drehten gegen Luftwiderstände, Errektionen im Schnitt, aus weiträumigen Perspektiven; Betrachtungen konnte man hier anstellen von den Reihen der Funktürme, scheinbar perfekt in Rost gerieben und gemahnt, spitz zulaufend, den feuchten Himmel küssend und mit Treppenwerk versehen, in Spiralen formiert. Niemals könne man dem Akt widerstehen, so hieß es.
Und so schmiegte man sich dem Abend an, Orgien, leichtfüßig, drall, man konnte sich ansehen mit der Weile und den Schrei des anderen abwarten, sein eigenes feuern in richtigen Momenten einer beinahe absoluten Stille, man kannte nun den anderen in übermannender Erkenntnis, man sah sich um nach Arbeitsteilung derselben Werke, desselben Treibens, man organisierte quer zu roten Metallstreben am Himmel, hier und jetzt glaubte der eine oder die andere tatsächlich an Erfolg, tatsächlich an die Umkehr der Dinge, die Fassungslosigkeit vor der eigenen Antike, diese schwerfälligen Blitzszenen, so verriegelt mit ihren stockhaften Werkzeugen, aufgelesen in nahen Wäldern, eine Reise um die eigene Achse.
Und tatsächlich: Eine Wolke der Walküren, ihrer Aufgabe beraubt mit dem Verfall ihrer Jungfräulichkeit, betäubt das sich stechende Schauspiel, friert es ein, saugt die Wunden aus, entreißt Messer aus verkrampften Händen, jener längst in ihrer Pflicht verstorbenen jungen Menschen.
Plötzlich beginnen Funktürme zu senden.


Freitag, 23. Oktober 2015

kunst kritiker

hier, geglättet erdöl, gegossen
die handbecken überflossen
in rillen getropft und unter straßen
getrocknet
blutkruste für beton schürfwunden

nur selten betreten wir körperbremsspuren
ohne tageslicht
geruchskartons ineinander schachteln
mit tagesempfehlung

stattdessen die geschichten über sie
in schwarz und weiß

Donnerstag, 22. Oktober 2015

stadt I

kleisterfahnen
aufreißen
schleimhäute mahnen
dem hautkarton
hälser und bullaugen
überzogendes brustsaugen
alzheimer fernsehgeräte
stoßluft ohren
hier prustet alles
den himmel zu
tausendfach sichtbarer mond

Mittwoch, 21. Oktober 2015

von fichten und pfeilen


sakrament, ausgestreckter arm
vorhang im rausch, quetschend den sonnenball
die feuerpfeile mündlich auflesen im freiem fall
sie reiten durch dich und zeigen auf sich

du müsstest dir austreiben die segelnde heißluft
mit fischeruten algen fangen, dein betörender duft
aber auch hier glauben pfeile an den gehstock in ihnen
und richten ihren hüftblock hin zum sand
wie fichten, hechelnd im vom wasser getränktem land


Dienstag, 20. Oktober 2015

abendessen im schlafgemach


endlich bildlich, die goldene kuh
entsetzte tücher über schläge nach außen
kein akt ohne bullauge innig von draußen
nicht nur laufen, der sinn des schuh
jetzt ein kochkessel, funktion mit schweiß

körperfeuerzeuge an der ostfront
verschoben von mutterfleisch, jetzt
sich zeigen dem feldwebel nackt, setzt
voraus kühle haut sich sonnt
brüten des anderen, ganz leis

mensch leidet gerne, mit wangenknochen
im gliedrigem schoß, muttermilchimitation
milch und honig unter essensmarkenration
hüften formen bettnarben mit lautlosem pochem
stoßbeten mit sturer sorgfalt eines greiß

augen schlagen, der geburt farnfare
hier beginnt der auszug, paragraphen malen
heitres lachen mit winkelschmerz, überlautes prahlen
wo auch bulle dem bär nachschleift im tränen trabe
er kann gähren und münder sperren, trockener reis


Montag, 19. Oktober 2015

so wie wir denken

lampion im trojanischem pferd
eine stirnwölbung höhlt den weltstein
wie motten, das licht begehrt
dem soldaten klopft getrost ans gebein

mensch rennt im kampfe mit aug und bein und schoß nicht zuletzt
denn im augenblitz wird nicht besetzt
dazu ist der kopf und sein laub schopf
zu hungrig

und heißer stein
baarfuß bestiegen stufe für stufe
mensch zerreißt am plenum auch diese fetzen
wilde rufe

Sonntag, 18. Oktober 2015

bogenspann

bogenspann
der globus ist immer ein profil
angetropft im stummen sehnenschrei
einen äquatorbinnfaden zwirbeln
erst durch beschleunigung greist ein magnetfeld
blut rinnt ins wundeninnere und wärmt den erdkern

Samstag, 17. Oktober 2015

kuss (mit thays)

kuss
wasserfall hände, rillen reiben haut
lippen seufzen morgentau, mit fischerbooten
geschwommen für das hafendorf ohne urkunde
und dem hunger der kinder im winter

wellenhauch durch hände an wangen
der handel hat sich eingependelt
der marktplatz ist leer
mit kleidern auf boden nun kirche

denn man bleicht papier selbst
man schneidert eines für zwei
wenn lippen aufeinandertropfen

Was der Philosoph macht (Prosa)



Matter Sonnenkegel (vielleicht auch nur im Fall stehengebliebende Laubhand) wirkt auf gereinigten, von sämtlichen Striemen und beißenden Funken befreiten Gläsern warm, wirkt als Winken ohne Handlinien, anfassbar mit genügend Anstrengung, so sagt und feiert man.
Ich wage nicht zu bezweiflen, dass meine Harken, seit einigen Jahren meinen Körper mit Ächzen tragend, durch ihr schimmerndes Metall ähnliche Anträge an die Herbstsonne suchen. Und auch wenn die kurzatmigen Zacken des silbernen Blattes, mit deutlichem, markierendem Übergang zum im Vergleich zu Harken, die ich zuvor nutzte und sah, viel zu dickem und unhandlichem (schließlich waren sie ein Ersatz für meine Schenkel, meinen Schoß, dort, wo sich die stämmigen Äste am deutlichsten verdickten) Holz, oft mit Schmutz meiner unermüdlichen Arbeit teilweise verdeckt waren, so trug ich doch noch in Schlägen und Falten meines Oberkörpers Hoffnungen auf eine den Winter begleitenen, ja vielleicht sogar liebkosenden Sonne; sie würde meine Arbeit erleichtern, nahm ich an.
Vogelstimmen formen nie einen Takt, und dementsprechend war auch meine Tätigkeit von Unregelmäßigkeiten bestimmt, was von manch einem Außenstehenden aufreizend oder zumindest zum Spaziergang gegen Windstärken anregend betrachtet wurde. Oder vielleicht rührte diese Aufmerksamkeit generell auf meinen Anblick, mein Angesicht, vielleicht war ein genaues Studium meines Klapperns Kerndisziplin und aufregender als der Tod, der doch eigentlich angestrahlt wurde mit Leuchtkraft tausender Kreissterne in den Nächten.
Denn nur der Tag erlaubte mir das Schneisenziehen zwischen den Gräbern, das Umwälzen des Sandes und das Erschließen von unruhigen Spuren, sich teilweise überschneidend und so selbst schließend, nasse Dühnen. Aufgrund meines unkoordinierten Arbeitsstiles schüttete und rappelte ich den Sand, nahm ihn in Kellen und spuckte ihn mit meinem Harkenwerk. Dieser schwärzliche Sand, unrein und sehr schön anzusehen in seinen Verästelungen, begrub Gräber doppelt, wenn ich ins Rasen geriet, aus unterschiedlichen Gründen. Ich sah gerne aus gewisser Distanz zu, wie Reisende jenen Sand wieder behaglich und ruhig, mit durchaus entspannten Muskeln, aber hartem, erregtem Gesicht auf die Schneisenwege, die Gassen zwischen den Grabmarktplätzen, schoben und so die nächtlichen Sonnen schluckenden Steinwände sauber hielten. Ihre Wanderung setzten sie mit frohem, scheinbar bedachtem Schritt fort, sie schlenderten und fuhren in Seitenstraßen dieses Komplexes, ihre breiten Sohlen, die ich über die Jahre hinweg zu betrachten lernte, zerrieben mein Werk und gaben mir so erst den immer wiederkehrenden Ursprung eben dieser Arbeit; hier und da, an besonders kalten Tagen, wenn keinerlei Reise auf dem Platz unternommen wurde und meine Wege sicher gefroren waren, bedankte ich mich still und außer Sichtweite und mit mir durchaus bewusster Absicht, neue Wanderungen zu provozieren, indem ich Blumen auf die Steinwerke (die ich immer noch nicht ganz verstand) stellte und für deren Fortleben sorgte.
Und erst über viele Jahre des Beobachtens und der Betrachtung aus den Winkeln, zu allen Jahreszeiten, bermerkte ich, dass die ehemaligen Urheber meiner Arbeit selbst unter Steinplatten schlafen werden. Ich konnte nur hinter Glasscheiben meines kleinen Hauses, verdeckt hinter Ästen auf dem Platz, mit dem Kopf schütteln. Ich wusste, ich werde mehr Zeit haben als sie alle, was mich zum Stöhnen zwang.  

Freitag, 16. Oktober 2015

um uns

straßen steifen gen herunterfallendem ziegel
wir spielen auf hüpfburgen in den wohlbekannten muskelschneisen
denn wir sind stille pantomime, wir frischgebackenden greisen
hände mit schnee gesalzen
halten fischernetz zwischen tod und rückenschmerzen
der himmel und sein hexenschuss
die schulterblätter und der verfault süß warme herbst
das schwarze mäntel wehen um uns
versucht sich an steinigung
ohne blicke zu würdigen
deswegen lachen du und ich noch

Donnerstag, 15. Oktober 2015

es ist dunkel auf der wiese

tausend arme
streifen nasses tierfell
bis zum funkenschlag, minutiös
mit viel erlös
kleingeld auf waagschalen
wanderlust der druckfedern
und hier: der industrielle himmel
drückt auf weichplastikverpackung
zum ventilschrei
erfindung von armut und schlangenstöckern
die letztendlich

einen lichtschalter drücken

Mittwoch, 14. Oktober 2015

v-formation

blattweiden spiralisieren sich zum braut kleiden
nazis haben mücken bestiegen
buchtungen werden sich schiffen biegen
der himmelsrollstuhl berädert sich
mit griff in den betonmischer

es ist selten nacht oder tag
weil der boden eine treppe verbarg
zeilen aus tintenfischen gerannt
mit der faltenhand

wie fahnen, knisternd sich selbst knitternd

Dienstag, 13. Oktober 2015

zeus hätte lesen lernen sollen

aufrecht gehen auf händen:
hand und ellenbogen streben zum kopf
geneigt in zeus reich warmen schoß
er schießt mit stakkato pfeilen, sausend:
der selbstmord entrichtet übermorgen
untergang der selbstliebe

Montag, 12. Oktober 2015

folien

sonnenregenschirm
auf flächenbrand
investor von laubvorräten

für manche bedingen sich vögel und himmel
atmosphäreglitzerfolie in einem
bereit zum verpacken des erdquader
der andere hakt nach und das laub heraus
er findet: lose schraubenin pappe
sie klimpern reißend zum zweck
folien zusammennageln

Sonntag, 11. Oktober 2015

autopoiesis

gleißende einfahrt
das zahnrad schreit in öleimer
und bestäubt sich so selbst
manchmal sind kirchturm und kreisverkehr
in einer farbe flach gehalten
an solchen fettleibigen tagen
werden schuhe im gardinen kerzenschein geputzt

Samstag, 10. Oktober 2015

farbenglossar (thays)

thays
kolonen von fruchtwasserbäumen
spielen mit deinen efeuhaaren liebe
wir sind abgebrochene stimmgabeln
zitterndes heißluftstöhnen
farbenglossar aus zwei einträgen
selbsterklärend
nackt unter umständlichen strichlisten
vokabelheft auf haut
berührend

Formationszeichen (Prosa)


Finger fahren auf Relief, sich zusammensetzend aus Bergen und Tälern, gähnendes Ineinandergreifen von Ringknochen, sich selbst nach oben spiralisierend (der Daumen, diese drückende Krönung des Blinddarms, verblieb unten und markierte, aus dem Augenwinkel warm und verschwommen zu erkennen, den Startstrich, rot und auffordernd, leere Zeilen wie Körbe auf dem herrlichem Treiben des heimatlichen Marktplatzes unter sich tragend). 
Hier, der Speerwurf und die Zerteilung der bunten Stoffgewänder der Luft; sie entzweiten und entblößten Haut, tiefe Tälerszenen, Perspektiven aus dem Kaminholzu heraus. Hier lernte der Junge kennen, was es bedeutete, eine Frau zu begehren, wo die Linien der Schnur waren, wo er ziehen und reiben konnte an dieser bunten Wand; diese Gewänder auf rostigem Stein, rau und scheinbar seinen Stiften nicht unähnlich, sodass er hier und da begann zu wissen, er hatte diese Szenen gemalt oder zumindest die Farben ausgewählt in seinem erstem Suff.
Und so rieb er seinen Bleistift ohne Farbe, diesen gerreckten Finger, fort an der Steinwand, und folgte der Bahn, dem Kieselweg des Speerwurfs. Der Pfeil deutete triumphierend auf ein Elefanten-ähnliches Gebilde, ein Gebäude mit übermäßigem Balkon, so wie er ihn von seinem Zuhause kannte. Der Berg und seine glitzernden Fronten; er hatte von Warnfarben gehört, missachtete diese vermeintliche Gesetzmäßigkeit aber generell. Wie denn, so fragte er sich, sollte eine Farbe, diese gleißenden, kühlen, reibenden, waschenden Buckel, die doch eben erst Handflächen schaffen, gefährlich sein? Er wollte nicht begreifen und so begriff er. Die Fingerkuppe bestieg die Elefanten-Karikatur und erstarrte bei dem Witz, schlug Wurzeln in Hautnarben und spuckte aus Kontrollverlust der Mundmuskeln in die Tiefe. Er zitterte. Und so wie die Seen der Täler scheinbar alt und weise schienen, so würde er sie verjüngern mit seinen Tränen; fallend und auftürmend, die schönste Ästhetik ist Spiritus auf nackte Haut mit Ausblick auf Wasserhähne.
Und so begann er das Biegen und brechen, lehnte seinen Körper in die Mulde, Wange an Wange, fremde Wärme. Wie er auf Stellen rannte und schluchzte, der Hall in Höhlen, der Schrei von hinten. Er griff nach seinem Finger, ein weites Dehnen, Drehen in die Horizontale, Schluckatmung. Wo hatte er das Vokabelheft verloren?
Winkelschlag um seinen Körper, Arme von den Seiten. Das Dreieck nahm ein und zog. Die Symmetrieachse. Die Senkrechte langte und raffte ihn von den Wänden; Wörtersummen prallten und lallten, beschreibend das Phänomen und die Sprungfedern, die bücherreife Kraft jener und der freie Fall, er musste das X schlucken für eine Koordinate. Und so: Reibung an neuen Achsen, neue exotherme Reaktionen. Wärme aus unbekannter Quelle, rote und grüne Lichter kristallisieren das Testergebniss. 
Die Mutter und die Broschüre zur Höhlenführung.

Freitag, 9. Oktober 2015

schattenkinder

socke um hirsch gestülpt
die antennen-zehe schlucken flüssigen husten
die eiszapfen haben gebrüllt
um mitspracherecht bei der leder schraffur
und so reift der nasse sack
nach oben in den schnee schlack
und beide membranen halten warm
weil sie gegenseitig würgen

die natur liegt ohne sorge im betonmischer
wir alle sind schattenkinder
mit einem buntem mobilee, überzogen von einer socke

Donnerstag, 8. Oktober 2015

türrahmen

türrahmen
ich bin gegen dich getreten
chinesische mauer mit holzmaserung über kaspische meere gespannt
dein fliegennetz als blumenkübel
aufgereiht vor und neben deiner gefallenden mittelsenkrechte
deine klinke reicht von wolken aus die hand
die pfosten sind holzbeine des festland
ebenso nasse schwämme

die tür ist nie auf oder zu,
weil von beiden seiten mit blutenden zehen gedrückt wird

Mittwoch, 7. Oktober 2015

Poetisiert mich

¿Poetisiert euch!
schmeißt backsteine, tragend schwereren samt
perlen im pendulum, siebenfacher rand
zu schwer für die schultasche

¿Poetisiert euch!
lasst jungfrau maria fremdgehen
die symmetrieachse umdrehen
jesus bart ist scharmbehaarung

¿Poetisiert euch!
melkt kühe und entsagt muttermilch
nehmt und stellt ihn an autofronten, den chorknilch
und quiekt das hundebellen

¿Poetisiert euch!

kaffeeränder suchen auf dem gemietetem grundstück
frenulum-gummibänder, die ich um lippen pflück

...

Dienstag, 6. Oktober 2015

farbkastration

farbkastration
schwarz und weiß drehen glücksräder
rot summiert in divisionsstrichen
grün pipettiert aus der prärie
gelb markiert schwellenverkehr
ultramarinblau ertrinkt im meer,
die violette tarnung des todes

der farbkreis wurde als fahrradschlauch missbraucht
insgeheim verstehen wir die funktionsweise von luft nicht
und so schieben wir den drahtesel

Montag, 5. Oktober 2015

kirchenschottenlichtwächter

kirchschottenlichtwächter
spiegelflächen glocken ziehen
geschenkter gaul
reiten zu lauwarmen sonnenbildern
auf leicht brennbarem papiergefledder
in gehechelter luft
der kamin in der horizontalen
stoffgewänder vom feuerfaden getrennt
und bereit, in der luft galoppierend zu glühen

Sonntag, 4. Oktober 2015

jagd

hier fürchten wir die jagd
du sanfte betrachtung der kamine von unten
du leichtfüßige entmachtung
der blei feuernden lunten
schieße lieber
mit selbstgebastelten kreide schablonen
auf sprieß wände unserer
frucht trockener bohnen
in form der weiblichen brust

wir verstehen immer noch nicht, warum wir nie unsere mütter auf die jagd mitnahmen

Samstag, 3. Oktober 2015

meereslegenden (für thays)

münder überkreuzt
lippen schließen die gebetsnische
verästelung von handlinien
auf unsere nackten körper pressend
tunnelrillen für haarwurzeln
keine lichter, hier redet die erde
und wir sehen unsere augenpaare
neben dem äuquator schwimmen
hier strecken sich die badenden
auf unsere körper
und transportieren so meereslegenden

Schnur (Prosa)


Verrahmung der unsicheren Striche, Feldlinien, aufgeraute Erde, bereit, Samen aufzunehmen und zu schlucken, in sich zu schütteln gegen unreine Metallwände, dann endlich und erhaben auszusprießen, fein säuberlich in Reihung, so, wie unsere hauchdünnen Papierblätter, die bei jedem Blättern zu reißen drohen und angesichts dieses Risiko nur an erfahrende, alte Leser ausgehändigt werden, so wie eben diese es in Zeichnungen darstellen.
Ich fühle mich in diesen Punkten bewandert und fähig, denke in den richtigen Summen und fülle auch diese Verrahmungen aus Graphit gerne mit den Blättern der herbstlichen Bäume, die, fast wie unsere Nutzpflanzen, ebenso angelegt sind an magnetischen Linien, aus. Diese Zier, das habe ich nach und nach gelernt, muss in mir ziehen können, muss mich in Zittern und Ehrfurcht, in die Willensecke, mich kleinzumachen und zu winseln, drängen. Erst dann, wenn ich diese Schönheit erfahren kann, und ich nur zu Früchten und Blätterwerk aufblicke, ohne das Anfassen ihrer zu begehren, dann habe ich die Berücksichtigung der Schriftzeichen, die sich mir täglich auftun, erfüllt.
Gewiss, es war ein langer Weg, bis ich mein Darsein als hündliche Kreatur ablegen konnte; und doch haben mich in diesen schweren, durch schnelle Achsendrehungen eingedrückten Zeiten nur wenige Personen begleitet, mir Fell gekämmt und mich Wärme ausgesetzt. Immer doch vernehme ich in den Nächten die Schreie der anderen, schwammigen Artgenossen (ich weiß nicht, ob ich mich dieser Bezeichnung noch bedienen mag, ohne mich selbst richtig zu verstehen), wie sie nächtliche Werkhallen, die Stahlträger zur Frequenzwiedergabe zwingen, sie einfach, vielleicht gewollt, vielleicht ungewollt (wie sollte ich das in Erfahrung bringen können?) abnutzten, den Rost sah ich blättern und verrenkte mich, um ihn aufzufangen in meinem wässrigem Maul, ihn einzuspeicheln und am Ende, nach einigen Schritten, auszuspucken in den dafür vorgesehenden Entsorgungsort.
Und wie aufrichtend doch auch meine täglichen Aufgaben waren, gerne vermesse ich die Wege dieser Welt aus roten Ziegeln mit meinem Vater; seine Apparatur zu diesem Zweg, ein langes Messband, welches nicht einmal eine Zahlenskala benötigte, und ein perfekt angelegter Kreis um meinem Hals (wie feurig ich immer wieder danach brenne, den Riemen zu spüren, und zu wissen, nun endlich wieder in der Nähe des Menschenschopfes zu sein), war einfach konzipiert und unglaublich effektiv. Mein sanfter, über meine erhitzten Schultern in diesem warmem Herbst streifender Blick zu seinem Kopf ließ mich erkennen, dass er beinahe ohne jede Verzerrung oder Abstoßen seiner Kugeln (die, so dachte ich immer bei Betrachtung dieses Menschen, doch so viel weiter in ihrem Radius sind als die meinen, die der gesamten Hundewelt) der Arbeit nachgang, und mich an diesem langsamen Prozess der Teilvermessung involvierte. Und ich wusste doch, wie sehr er mich benötigte; jeden Tag streifen wir diesen Weg entlang, und jedes Mal erfassen wir dessen Ausdehnung. Manchmal nehme ich an, es handele sich um einen prustenden, sich zwecks maximaler Leistung ausdehnenden Motor. Er war gebaut und musste nun fortan kontrolliert werden, und für diese Position hat man meine Dienste in Anspruch genommen, und ich spüre den rechten Wissensaustausch.
Nur ein Laster spüre ich an mir, auch, wenn ich die daraus folgenden Zweifel oft erfolgreich verdecken kann: In meiner wollenden Liebe zu meinem Herr würde ich diesen gerne befruchten. Eine Paarung zwischen Mensch und Hund sei jedoch aus ungenannten Gründen nicht möglich.

Freitag, 2. Oktober 2015

mittag

plattenverschiebung
aufreihung von kratzmurmeln
de facto verschwimmend
a priori göttliches sodbrennen
und so sehen wir das paradoxon:
als reptil mit nachwachsendem schwanz
auf warmem stein
paarungstanz
alleine am mittag

Donnerstag, 1. Oktober 2015

boje

boje mit hüftschwung
aufgedunsen zum senkrechtsprung
blasses rostkleid
hochächzend, zu sehen
rumpf für versunkene seewesen
kopfnicken einer armee von besen
bei durchnässtem stoff suffix
der junge aus dem zweikammersystem
hat seine arbeit verloren
erfroren
die boje gebährt ohne zu wissen