Poetik für den Vorwand.

Montag, 31. August 2015

gebärmutter

heiden mit konzept
neon reklamen wollen den weg nicht mehr weisen
sie sind sich selbst adept
wozu noch weite reisen?

überall: wir kennen das stück
vom kriegsgeschrei: aufforderung zum verrück
transatlantisches gähnen
und lustvolle amnesie
an heißen sandstränden

und gibt es
doch kleines theater
in unseren oder fremden städten
dann muss die toleranz
den gebärmutter-abzug drücken

Sonntag, 30. August 2015

thermoFlasche

diese worte sind falsch
glaube nicht an mundgestülpe
hier lernst du götter funkeln
an chlorfrei gebleichtem papier

Segnung durch den anonymen Boten
Betasten der Sonne mit Thermo-Pfoten
Die Mutter im warmen Orden-Rock
Zur Orientierung im Schnee ein großer Flock

und schon ächzen der stadt
warum glauben an das straßennetz?
wer nicht aufpasst in der schule
verliert die skier für die gemeinsame talfahrt

Weite, sachte Schlachtklänge sorgen für Körperwärme
Der Blut- und Tränendruck steigt angesichts der Ferne
Wir schaffen unseren eigenen Pelz
aus Kleber und Papier, herausgeschlagen aus dem Wörter-Fels

Höhle / Hochhaus

Seufzen im freiem Fall
Hochhäuser haben Schwerkraft erfunden
Tänzelnde Neon-Lichter, überall
haben Sternen Routen zur Kollision genommen

Nun bestäubt uns nichts Göttliches mehr
Blumen benötigen plötzlich Gießkannen
der Verstand jedoch
ist zu schwerfällig in seiner Selbstverstümmelung,
als dass er sich vom Ohrensessel erhebt
und Schritte gegen die Schwerkraft geht

Hilfe schafft nur
die Revolution gegen die Revolution
und der Abriss der Hochhäuser
und dann zurück in die Höhle

Samstag, 29. August 2015

propaganda-paradezug


kinder hochgehoben auf den propaganda-paradezug. pädophälie ist ein stein, auf wasser geschlagen; die wellen erreichen nur selten das andere ufer. von hier sieht es dennoch prächtig aus an diesem schwülem sommertag.
ein winken und ein gegenwinken, das kind liebt seine tausend eltern. es hält sich fest an den süßigkeiten im überdimensioniertem rattenfutternapf.
nein, das kind versteht theater noch nicht - aber rollen spielen, das kann jeder, der in bunte kleidung gesteckt wurde. früher sommerabend mit leichten windbriesen; das kind darf heute solange aufbleiben, wie es will, denn die toleranz hat sich mit paragraphen verlobt.
liebe auf stelzen hat die straße freigeräumt. das sägen an diesen geschieht immer synchron; niemals wird sie fallen, nur irgendwann den boden küssen und mit ihm bastarde zeugen. so leben auch die kinder.

Freitag, 28. August 2015

neue energieform

die realität reißt schnur zum schleudersitz
und wirft schatten auf sich selbst
münzenwurf in den maschinen-schlitz
kopf oder zahl, oder unendliche rillen

zahnräder, jetzt auch organisch
öl wird knapp, reibt euch mit sozialisten ein
der rattenkopf, ganz panisch
das farbenfrohe dogma ist der beste freund
des menschen, der realität auf t-shirts druckt

sonnenaufgang hat den sonnenuntergang erfunden
feuerspuren ziehen und als nudeln auftischen
wer da kein schmerz empfindet, hat wahrheit nicht geschunden
sondern versteht das widersprüchliche massenfischen
als neue energieform

Donnerstag, 27. August 2015

Selbstporträts


Die Ironie kann nur durch Selbstironie leben
hach, was hat der Ödipus gelacht
den Phallus erlegen
ist wie Distanz-Liebe ersticken, ganz sacht

Wir tragen die größten Räume
in ihnen Tapeten in Reizmustern
wir haben erfunden die feuchten Träume
um Selbstporträts mit Sperma zu malen

Aber Kunst ist tot;
und wir haben sie getötet
wir haben uns sensibilisiert
zur Gewohnheit

Jetzt spüren wir sexuelle Erregung
als Flüchtling
bei Betrachtung von Stummfilmen
in vollen, lauten Diskutierhallen

Mittwoch, 26. August 2015

schwerfällige anachronisten


schwerfällige anachronisten in einem kleinem raum; heißluftballoons steigen auf, gefüllt mit methan, manche stürzen aus dem fenster bei berührung mit der erdbebenplatte gleich neben der redenden menge. das totenbett bleibt unberührt, schließlich kennt der anachronist das eigene verwälken nur aus filmen. popcorn schmeckt nur, wenn die kaugeräusche andere stören.
mancher anachronist berührte den toten zärtlich, mancher begann das gespräch ohne antwort, mancher zog an ihm, diese lieblichen kinder. der blick ohne rückblick reizt auch das schüchterne mädchen in der ecke.
endlich hatte man einen neuen film, endlich, diese wahrhaftigen bilder! nur zu solchen anlässen lässt man den wein auslaufen in diesem familienkreise. nur jetzt krallt liebe biedere logiken und dränge in die blutbahnen. nur jetzt steigern sich herzrasen und austausch von körperflüssigkeiten, oh, endlich haben wir einen arzt gefunden, der versteht, ab welcher stimmgabelfrequenz unsere körper nahezu im einklang vibrieren.
jetzt: kerzen um das totenbett in der nacht. im schein drängen sich gesichter aneinander. hier fühlen wir also wärme, hier bei einem menschen in absoluter form. der tod stirbt zuletzt, und das hängt hier als porträt. home sweet home.

Dienstag, 25. August 2015

Milchbar

beobachter dekorieren keine geheimnisse
entfernte wahlheimat fährt von diesem pol weg
und doch zeigt der tourismus sein gebisse
bei der kontrolle des magnetfeldes, da ist noch blinder fleck

mein geheimnis liegt
in milch begraben
goldene vierecke lassen sich handlich tragen
folge mir in die milchbar und trinke aus
schau aus dem fenster: wir sind im rahmen

[für Thays]

ratten pilgern

ruten fangen an zu modern
wenn sie zu lange getragen werden
verdorbene phonologie,
vergangenheit in alufolie in der sonne
heute abend gibt es rüdige ratte
jedes tierheim zu edel,
willkommen zurück im kosmos mit acht armen

[finde den käse und vermeide die elektroschocks]

und jetzt spielen wir
mit der bunten eisenbahn der wissenschaft
wir kennen den lokführer
im weißem kittel
unsere waggons docken nur an
auf dem weg nach mekka
[da gibt es guten käse]

wir sterben nicht
wir schlucken nur zuviel beiwerk
so langsam sehen wir uns selber gerne an
und dann schrauben sie ratten höher
und sie beten

der käse wurde mittlerweile
ausgetauscht durch eine hintertür aus dem
milch-kosmos
die ratten finden von selber
zum staubtrockenem mekka

Massenfischfang

schlangen-gras brodelt
tausend sonnen verstehen nicht
wundersames, kahlgeschorenes flammengewicht
keine übereinkunft im vakuum
das gras muss verbrennen, wir nicht
orbitalschläge auf unsere häuser
wir machen den himmel
zur terroristen-zelle
weil sie uns zu rund geworden sind,
diese erdbälle
geglättet durch kräuselnde schlangen
die uns von gut
und böse erzählt haben
jetzt lassen wir uns
nur noch etwas
vom Massenfischfang sagen

kleines selbstporträt im diskurs

Heizluftballon im zelt aufgestiegen zusammenspiel von lauer hitze und polyester kam gediegen hier werden leere schalen langsam mit speichel gefüllt

der zyniker sitzt und lauscht; worte als rostende wegweiser zu wüsten, die es nicht gibt.

Lärm

Lärm
interstellare Melkmaschine
Milch in glitzernen
Türmen um mich
täuscht nur Geschmack und
keinen Ton

Lärm
ich singe keine Lieder mehr
denn sie sengen Wörter an
Meine Geräusche gelten
nicht mehr dem Harmonie-Despoten

Lärm
Stöchern im verdorbenem Fleisch
ich paare mich mit
Frequenz-Sirenen
ihre Geschlechter versinken
denn ich schlucke Dinge
als tosendes Meer

Lärm
wir haben das Hören verlernt
nun bringe ich die Kruste zum bluten
Schlagen auf dem Metall der Kopfhaut

Die Mücke

Die Mücke oder der Mensch:
Wer hat recht?
Parlamentvertagung
unsere Toleranz kann nur aus Grenzen
bestehen

Die Mücke oder der Mensch:
Wer schlägt, schlägt Luft.
Direkt auf dem Hinterkopf
Mücken sind gefährlich
sagt uns der Gedanke
zum Fußtritt-Kniereflex längst geworden

Die Mücke oder der Mensch:
Haustiere dürfen nur flauschig sein
denn der Junge wird Mutter
verbessern und nie vergessen

Der Vater war nur Mücke
aber für ein bisschen Blut
darfst Du das Glied behalten
und irgendwann selbst zustechen

Ach, Du berstendes Stück Holz, auf dem
man so hoch steht!

Freitag, 21. August 2015

junggesellenwohnung

wasser aus überlegenen teichen tropft
auf meine kabel-haare
und selten bade ich mit dieser haut
denn mein schweiß ist toxisch
binär und nicht imstande,
das wasser zu meinem christentum zu bekehren

so kann ich mich nicht selber taufen
aber duschen muss ich
denn ansonsten sehe ich gemälde
aus ängstlichen ölfarben auf meinem rücken
und niemand will solche kunst sein eigen nennen

und wie soll ich mich ohne die örtlichen wasserwerke
duschen?
mit ihnen tanze ich auf logik-festen
nahe dem vulkan-auge
und bemerke, wie angst liebe fest an den wangenknochen packt
und zynisch küsst

etwas anderes zu kennen, ihr wortlosen, würde bedeuten
etwas anderes zu leben
können tue ich das nur in den ersten tagen
in meiner junggesellenwohnung

Donnerstag, 20. August 2015

Wälderlandschaft

für was haben wir den mund geschnitzt
in den hohlen holzkörper
wenn nicht, um wurzeln zu schlagen
um laub zu tragen
vielleicht ja doch den einen oder anderen tag
zu entsagen

am ende, da sind wälder aus plastik
und wir bewegen unsere glieder in einer elastik
die nur unsortierten gleichschritt erlaubt
kompanieführer sind wir
aber auch nicht mehr als das tier
nur laufen wir aus allen poren aus
statt körperflüssigkeiten zu kontrollieren

süßer harz
bitte, lasst daran necken, was keinen mund hat
während wir den winter nicht überstehen

Mittwoch, 19. August 2015

Die ungewollt Willigen


Angst ausschweigen ist nicht möglich
bei blassem Mondschein innerhalb von Lagerhallen
der Radiant des Lebens ist tödlich
lernt man nicht im Sinne der Ratte

Bitte, macht das Metall zu Reflektoren
bitte, brecht Schweigen mit reinen
Gedanken, so weit ihr doch reinlich
Licht empfängt durch nach innen gestülpte Ohren

Hach, wie habe ich mich belügen lassen von eurem weiß!
Und jetzt bin ich der weiseste;
zart gebrechlich, denn Wissen ist hier nur
eine stumm tickende Uhr
nach der wir unsere Essenszeiten richten

Dienstag, 18. August 2015

der politiker ist mein kindergartengenosse


keine revolution kann sich selber verstehen
und nun sitzen wir im angesicht
jener einst stolzen gesichter, ganz verlegen
und die hand, die neue muster sticht

und jetzt spielen erwachsene mit demokratie
kinder lernen es nie
aber doch schneller als die
die den menschen unbewusst zwingen in die knie

[die öffentliche Hinrichtung wird jetzt mit dem Plüschtier in Szene gesetzt]

hach, und jetzt, singen wir im chor
„einigkeit, recht und freiheit“
so viel leere im feuerrohr
dass wir die kanonenkugeln beschweren
mit vergangenheit, zukunft und kuschelbären
mit peitschen, länger als der arm je reichen wird
sodass auch die entblößung vor uns selbst stirbt

und dann können wir singen mit elan
strophe für strophe, repetetiv
nie gab es einen menschen, der sich weniger verlief
und so sehr sein eigenes echo hinterher rief
nur um die eigene stimme zu hören
du ausgeburt des schlafens, essens, geschlechtverkehrs
und deren freunde, sie begleitend vers für vers
und am ende das reimschema verwirrend

jetzt, wer kann da seine eigenen proportionen
im spiegel erkennen und feiern?
nein, wir brauchen unsere freunde
dort oben auf der bühne stehen sie
und erklären, ganz deutlich, wie
ähnlich der mensch doch der ameise sein müsse
und doch sind wir nicht so schlau
und kauen weiter auf stammzellen,
damit es weniger schmerzt










Montag, 17. August 2015

Zynismus


hoch erhabene zyniker vergessen nie das konzept, sagte man mir, und ich glaubte es ihnen vor dem altar. der ring um meinem finger kratzte schon seit geraumer zeit, aber gefühl bleibt gefühl. tritt in die genitalien.
zynismus beraubt sich selbst beim neuanfang als süßungsmittel für den kaffee. aber weil wir nur durch zynismus leben, lasst uns den kaffee vergessen. morphium-spritzen lächeln hingegen aus zukunft und vergangenheit und lassen diesen morgen am zitzen des pathos saugen - und schon begreifen wir, in welcher öligen art von gegenwart wir schwimmen, wir zyniker.
hand in hand, mindestens eine schwitzt, wenn nicht beide - diese weisheit gab mir ein zyniker danach in seinem atelier. ich kaufte all seine akt-bilder, weil ich ihn liebte und etwas von kunst verstand. zuhause masturbierte ich.
danke für den zynismus, gott der liebe!




Sonntag, 16. August 2015

Dorf-Radikale

Dorf-Radikale schauen über den Welttellerrand
Trotz Kathedralen aus Zahlen
und Bordellen aus Algorithmen-Wellen
lässt es sich doch am besten
streiten auf Versöhnungsfesten

neubauten werden auf glatteis
geführt unter der annahme
dass wir fachwerk bevorzugen;
letztendlich war dem nicht so.
Vielmehr erstarren wir vor stilfragen

jetzt aber, nach langen reisen
leben wir in der prärie
und vergessen langsam
das neuronen-Ploppen unserer
kindheit.
auf wiedersehen, mond von alabama

Samstag, 15. August 2015

Der Tod

Tod zwischen
Törichkeit und Talsperre im Wörterbuch
das Wissen kommt in Verruch
wenn rational plötzlich bilingual
mit gespaltener Zunge ist

Hach, wir verstehen
und schmecken nur eigenes Blut
Wenn es Not tut
umgeben wir Weltreisen nur mit eigener Brut
im örtlichem Theater

Und dann erfanden wir
das Erstechen von Papier
und schlugen Zettel an das Küchenbrett
Essen vordeterminiert
auf bunten Tischdecken
mit Blumenmuster

Liebe erfunden
zum Preis von Anonymität vor sich selbst

Freitag, 14. August 2015

Apparatur


Die Apparatur ohne wartung funktioniert zweifelsohne, wehe dem, der sie aus dem hause tritt mit sternenhagel und wasserfontänen im unwirtschaftlichem grand canyon. und wer hat dieser Apparatur erst eine funktion gegeben? zahnräder führen und fügen doch nicht zu tau, auch nicht beim erfahrensten seemann. wer auf stahl schwimmt, der muss untergehen.
der schrei der Apparatur weckt aus dem schlaf, wer hatte denn angenommen, dass sie nicht laufen und lieben kann? der verlängerte arm hat ein ganzes königreich zerstört. wir können nur 0 und 1 zählen.
ach, wir höhlenmenschen! hätten wir der Apparatur doch nicht den tanz verweigert, um den sie gebeten hatte im gewitter ihrer erschaffung. und jetzt seht sie mit uns tanzen mit ihrem schleier aus ferner exotik, jetzt seht plötzlich, wie sie heiratet und wie sie endlich ihre sklaven-freiheit gefunden hat! nur kurz auf festen konnten wir sie bitten um einen kurzen hauch ihrer schönheit, aber dann gehört sie wieder ihrem herren.
wir aber haben die heirat selbst entworfen damals mit zittrigen händen - jetzt, wer will sich da noch über die Apparatur beschweren?

Donnerstag, 13. August 2015

posttraumatik

schwermetall hat sich mit seide abgesprochen zwecks des fall dass wir die posttraumatik lochen gebiss in vollen zügen schönheit als blaupause wie sich kreise und vierecke zusammenfügen attraktive angst als stützende halskrause langsamer tanz, küssen tod und freunde fester griff beidseitig gehasst-wollt

Mittwoch, 12. August 2015

Atlas


Breitbeinig auf den Schultern von Atlas
stemmend im Einverständnis
die Welt wird neu kartografiert
während wir erschrecken vor dem heimatlichem
Vorgarten

Hände reichen, Plastikimitate aus dem Horrorfilm
wie oft bauen wir schmierige Zellwände
auf in einem Organismus, dessen Existenz der Biologe
ohne Versehen in die Astronomie verschoben hat?

Und hier und da: Weiße Blutkörperchen
in der Milchstraße, Dein Frühstück wartet
gehe hin, bevor Dein Mars-Toast zerstreut
und uns Krümmel als Kometen aufgetischt werden

Hier behandeln wir Atlas in der Klinik
wo sollen wir nur hin, nachdem
wir die Welt verraten haben, hinterrücks
mit unserem Spielfilm-Wissen

Nun lasset uns beten, denn wir
haben nur unleserliche, mehrfach durchgestrichene
Fragment-Romane zum Leben
und das Weltall wird uns trotz Bitten und Klagen nicht aufnehmen


Dienstag, 11. August 2015

publicity


keine form von publicity ist schlecht
und so haben wir kränze
aus exkrementen
deiner konstruierten vergangenheit
durch die stadt getragen

und siehe da, wer verklärt plötzlich
seine herkunft und dinge seiner
frühen liebe zum nahem
mutter-planeten und sternenhagel

hach, sieh doch ein, dass
du nur zu werbezwecken erschaffen wurdest
um leben zu propagandieren
oder vielleicht nur zu rechtfertigen


Montag, 10. August 2015

Wir sind geboren


Wir sind geboren
der Sinn entzweit Nabelschnur
und Mutterleib
kreischende Diagnose von Leben
lasst Liebes-Parasiten durch
den Mund in den
zuckenden und tretenden Körper

Seht nur, wie sie Proportionen formen
der Übermensch plustert sich auf
Luftbläschen im Blut
erfrischend in äußerlichen
Feuermustern, nur sichtbar
aus der Weite

Panoramen auf Postkartengröße
danach doch so viel zu erzählen
aus dem Abenteuerurlaub
Hand in Hand mit dem Eingeweide
in der Zwischenzeit von Leben und Tod





Sonntag, 9. August 2015

gehirnTod

kalter Stein
Nächte umweben Spinnenweben
und geben
süße Membramen
vergessen sind all jene
Konzeptnamen
jetzt lernen wir
unliebsames Schweigen

Niemand wird unsere Rituale sehen
sie alle in kollektiver
Bewusstlosigkeit
vor dem Eid
der Selbstzerstörung

nachtwinde lachen über den Tod
wir verehren den gehirnTod

Samstag, 8. August 2015

Wer das Wort benutzt

Wer das Wort benutzt,
für den ist es schon zu spät
Kometenschauer, entlanggezogen
an Fäden
vordestiniert zur Kollision mit dunkler Materie
löst aus nur weiteres
schwerfälliges Gähnen
aus der Gasse

Steine erwärmen wie Sommerhitze
Energietransfer,
präzise, doch leer
im Sinn
außer wir erklären Steine zu Betten
angefüllt mit Körperflüssigkeiten

Tod von oben
Bombardements an der Schwelle
Schwer zu treffender Streifen
formen endlich keine Muster mehr
und setzen sich hinterrücks
doch wieder in Sitzgruppen
zusammen

Donnerstag, 6. August 2015

Kragen


Wir haben den Kragen neu entworfen
gezeichnet und unterzeichnet
Reinheitsgebote geschaffen
Wolle-Tribunal
dennoch spielen sich Schlachten
an Pulsadern ab

Der Krieg hat bunte Hosen hervorgebracht
sieh, wie sie als Flaggen dienen
in unserem Stoff-Mangel
unsere gesichter als bloße Indikatoren
baldiger Fleisch-Lieferungen
und kratzige Kragen

wehe jenem, der sich der Kleidung entledigt
er könnte sich ja
dem lebensbüffet bedienen ohne
schriftliche Anmeldung und Algebra für den Hunger

Mittwoch, 5. August 2015

Und all ihr götter


Und all ihr götter: habt ihr nicht verstanden, wie ihr an unserem tropfe hängt? Der feudalismus unserer träume – klar gezeichnet auf pappigem pergament, dass sich nur wölben kann auf gegenwart und reallismus, diesem tisch ohne beine. Wir essen vom boden unsere henkersmahlzeit, bevor wir in die freiheit entlassen werden. Und wieder kollidieren flugruten, wieder ertrinken wir an schnee.
Und dann schlaget dieses buch auf, knauzige männer im rausche, künstler allesamt unwissentlich, doch wissen bleibt ein werk der mystiker, lutschpastillen mit kamillengeschmack, wodka im russischen winter. Und endlich können wir unsere paarung und das große fressen koodinieren mit symbolen aus blut.

der stein ist human

wer mich in diese kapseln steckte, der wusste, dass die sterne nicht mehr brennen, sondern nur noch als steine existieren, aus denen wir grundpfeiler der ironie vor der existenz selber auftürmten. beide lachten. ich sehe, wie der zeigefinger-chor sich selbst dirigiert. oh ja, ich liebe dich, sagten die medien, aber ich liebe die medien; so schließt sich unser ritual-paarungstanz zu musik leerer, sich scheinbar physisch-gesetzlich abstoßender warmer regentropfen in plastikregenrillen. spür, wie die verdauung ihren weg zwei, drei, vier mal einschlägt, bis sie die unendlichkeit als angenehmstes sommerkleid empfindet. denn nackte haut bekämpft hitze in unserer rotierenden mikrowelle. die wahrheit ist doch, dass wir jungfrauen bei augenkontakt mit der emanzipation sind. der stein ist der bessere mensch

Dienstag, 4. August 2015

Vietnam


Vietnam im Vordergarten
bei schwacher Beleuchtung
Sehnsuchtsliste über Luftfunk
in lauer Sommernacht
verteilt als schwere Fracht

Guerillakrieg als Kurzzeiterinnerung
längst eingerahmt als Stolperstein
auf der morschen Planke, die wir
passieren

Und erst der Regen:
Wie viel davon ist nötig, um Verbrennungen
zu löschen?
Wir sind kühl, aber noch nicht reif
wir haben verlernt, präziser zu werden
als der Flammenwerfer unserer
Vergangenheit und Zukunft

Und jetzt sieh Dir
diese Napalm-Sternschnuppen an



Montag, 3. August 2015

Muttermilch


Wir haben diese Religion
an den Mutterzitzen gegründet
Münder gefüllt mit Vollmundigkeit
Vergessen und doch Befeuern der Zeit

Ich und Du
und die tausend anderen Chorknaben
wir haben Geburtsschmerzen vorgetäuscht
um Hebammen zu animieren
in unserer Verzweiflung

Und dann nennen sie uns menschlich!
Und doch, wie menschlich wir doch sind
wenn Blutkrusten Brückenstützen formen
Dankt der Muttermilch

Sonntag, 2. August 2015

Reizkorsett


Mein Reizkorsett
hat Nussschalen um sich
gesponnen
zum Schutz vor
Erregung aus dem
Familienfotobuch

Mein Reizkorsett
hat denn Heißhunger
noch nicht verlernt
und frisst von innen

Mein Reizkorsett
öffnet sich zum Akt
[kurzer Stimulus unseres
Engstirn-Kosmos mit
Seh- und Gehhilfe,
Schmetterlingeffekt
für die Zukunft
von Dir und mir]

Die Chaostheorie hat sich bestätigt.

Samstag, 1. August 2015

Rasen muss gemäht werden (Prosa)


„Dort, wo die Sonne glänzt, da solltest Du noch ein wenig mähen - Du musst fester greifen!“, so der Presslufthammer am Ufer, fest in seinem Stand auf erhitzten Ziegelsteinen, die er, wie er immer wieder gerne erwähnte, eigenhändig gelegt hatte. Oft zog er mit seinen Augen die Steinmuster nach, und ergötzte sich an der Perfektion, die jeden einzelnen Stein als schützende Membran umgab. Doch durfte der Blick im Moment nicht vom Sohn weichen.
Oft ist das Massaker schwer zu fassen, es sind ja nur Grashalme, ihr gelegentlicher Richtungsdeut - die Autopsie hatte angemerkt: Ja, der Rasen war einst Hochkultur. Aber wer wissenschaftlichen Berichten über Gras Glauben schenkt, der könnte sein Gesicht ja gleich zwischen Grashalmen und Sand pressen und beobachten, wie oft sie schlagen würden in ihrer Wut als Grashalmen, wie sie sich denn verrenken, entwurzeln müssten, um der Klinge des Rasenmähers zu entkommen. Der könnte ja gleich bei dem Versuch, jeden einzelnen zu zählen, versauern und das Bauen eines Hauses und eines schönen Gartens missachten, könnte ja gleich sämtliche Glieder und Blutbahnen in Kontakt mit der Grashalm-Botschaft treten lassen und vegetieren.
Der Sohn konnte solche Gedanken über Grashalmen schwer fassen - unter diesen Lauten von rauem Stein, die durch Pathos-schwangere Luft (die in ihrer Spannung aber nie zur Geburt ansetzen würde, denn schließlich musste sie jedes Mal sterben, schließlich glühen Kristalle nur auf dem richtigem Hintergrund) gefeilt, ja gezähmt wurden, dieser einstig raue Stein des Presslufthammers am Ufer, dorthin, wo er zurückkehren müsste. Vielleicht musste er diesen Ort auch überhaupt erst einmal erreichen, dort, wo neben dem Presslufthammer blau-gelbe Benzinkanister komplette Ölbilder in die Luft zu malen schienen und sich entspannt und gähnend, aber immer mit einem kleinem Bedrängnis auflösten. Dort, wo der Presslufthammer in seinem kariertem Hemd Rasen gerne observierte und hin und wieder, dass sah der Sohn mit besonderem Interesse, die Rasenhöhe feststellte mithilfe von Messbändern, die der kleine Sohn nie zuvor gesehen hatte und die äußerst befremdlich wirkten (vielleicht waren sie einzig für diese Tätigkeit bestimmt).
Er verstand nicht ganz, was der Presslufthammer erreichte, wenn er größeres Gras pflanzte, dass über den Zaun reichte, dass der Kleine von Weitem auf einigen Heimwegen bereits sehen konnte - wollte denn der Presslufthammer nicht, dass das Gras schön kurz bleibt? Wollte er denn überhaupt Gras? Da er sonst der Fragen an andere zu schüchtern war, bat er den Presslufthammer um Antwort. In solchen Momenten stand er direkt vor dem großem Presslufthammer, und seine Augen funkelten bei den Erklärungen gerne. „Mein Sohn, das ist kein Gras, das sind Büsche und Bäume. Große, kräftige Pflanzen. Und das Gras ... sie können nicht ohne Gras. Da geht es um Ästhetik, um das Gefühl des Gärtners. Das musst Du noch lernen. Aber es wird Dich irgendwann erreichen. Irgendjemand muss ja auch in Zukunft diesen Garten pflegen.“
Verständnis zeigte der Sohn für diese absonderlichen Erklärungen nicht - aber sein Vertrauen in den Presslufthammer wuchs in solchen Situationen. Auch hatte er bereits, wie der Presslufthammer, Wut spüren können gegen Spinnen (sie seien giftig in ihrer Erscheinung, sprach er oft, sie ruinieren die Natur, wie sie Dinge einfangen und für sich einnehmen) und deren allgegenwärtigen Netze, die der Presslufthammer stets vor dem Besuch, dem Einlauf anderer in seinen Garten zu entfernen pflegte. Und gerade in solchen Momenten spürte er ein wenig, was der Presslufthammer an seinem Garten liebte - wenn surrende Stimmen Glühwürmchen spielten in dem Versuch, den Garten und dieses wunderbare Haus zu beleuchten an lauwarmen Abenden. Der Presslufthammer war dabei stets am hellsten, und manchmal konnte nur er andere in Brand setzen, schließlich war es sein Garten. Und zu so einem Garten gehörte nun einmal auch das Gras.
Andere Gärten hatte der Sohn noch nie gesehen - warum sollte er auch? Ein Presslufthammer schafft den schönsten Garten, das hatte er gelernt, und so wollte er sich gar nicht erst enttäuschen lassen von anderen biederen Gärten, in denen vielleicht nicht einmal Gras wuchs. Und wenn, dann nicht so grünes und hohes, nicht so eines, das gemäht werden muss in einem wunderbar festem Rhythmus.
Denn, so dachte er mittlerweile nach den Wochen, in denen der Presslufthammer ihm das Handwerk des Mähens beigebracht hatte, Gras war doch auch zum Mähen gemacht. Wie sonst sollte er denn die Chance haben, zum Ufer schwimmen zu können? Wie sonst sollte er den Presslufthammer sehen in dieser prachtvollen Erscheinung?
Der Sohn drückte fester, schob seinen schwerfälligen, mobilen Amphibienpanzer. Vielleicht noch den gesamten glühenden Nachmittag seines Lebens. Denn Rasen muss gemäht werden.