Poetik für den Vorwand.

Mittwoch, 28. Februar 2018

fußabtreter

angst?
nicht wenn du dich auch fürchtest.
manche vergessen was sie
nie erlebt haben,
so wie wir unsere fehler vergessen.
ich habe meine flügel beschnitten
um durch die tür zu passen
und die reste
den geduldigen vorgeworfen.

Dienstag, 27. Februar 2018

schuldig

leben sie nach
was das leben ihnen geklaut
hat
werden sie der erste
astronaut im himmel - -
ich sehe wie du deine
pulsierenden lippen
versteckst
vor lippenlosen mücken
und alle bienen sind schon tot,
nur du und sie nicht
ich bin im exil und schreibe memoiren
von bücherhelden

schauspiel

meine sünden wurden
erhört
der beton befruchtet den regen
lässt aber die meere
wie ein einsamer
brasilianer
die fossilen stunden
sind keine beweise
dafür

aus aktuellem anlass

wer sein volk verteidigen will, muss am ende fast immer sich selbst gegen sich selbst verteidigen

vier jahreszeiten

ich lebe länger als
ich darf
und übernachte am tag,
in palästen, in leeren lazaretten,
im bundestag
nie habe ich über meine
träume gelogen
so wie man mich nicht belügt

Samstag, 24. Februar 2018

mundausdruck

alles verewigte möchte ver
brennen - und es ist nicht
mal sonntag
ich wollte mir mehr zeit
geben bin aber
der geborene gott,
kronprinz im dorf, das
ich verlassen muss

Freitag, 23. Februar 2018

mehr denn je

in meiner heimat
riecht die erde nach
frischer sonne
aufgesprungenen lippen
(aber nur zur sommerzeit
ist nachkriegszeit)
und ich kenne
keinen mensch

über wissen

man sollte nie vergessen: wer etwas weiß, vergisst in diesem moment, was er sonst noch weiß


die schlechten wissenschaftler schaffen sich eine welt, ohne es zu wissen; die guten machen von ihrem wissen gebrauch


wissen ist macht, denn es weiß nur, um zu machen

am frühen abend

es ist, als würden die vögel den wind
streicheln, und als ob
diese fremden gesichter sprechen könnten -
du bist aus der nacht ausgezogen,
hast dich belegt und ausgezogen
wie ein anderer jesus hast du dich selbst
verraten -
willkommen

hochwürden

im winter rostet die welt
und die alten beginnen wieder
fragen zu stellen.
und im sommer
glänzt die nacht als wäre sie
zuhause zuende:
wir freien müssen uns
ineinander verstecken!

kurzes beispiel

zum glück bin ich nicht der, der meine gedichte interpretieren muss; ich würde sie jedes mal umschreiben

die nette dame

unter uns:
wir bleiben stumm
wo die erde nicht mehr
wächst
langsam in unhistorischen
erinnerungen.
das waterloo von irgendwas.
... aus dem radio klappert die
musik der hunde

neue welt

und all diese
zerschossenen enden
wie improvisiert und unbenutzt
hängen sich die schönen
menschen in die windstille
und ich bin historisch unnütz:
mein großvater heißt tolstoi

vorstellungen von island

im schatten des mondes
die flügellosen blumen;
auf dem rücken der erde laufen
wo einen keiner findet
und keiner einen finden will
in die zukunft starren
wie in einen entgegenkommenden
wind
in diesen kriegslosen kratern

über die

die deutschen wollen vielleicht deutscher sein als die deutschen

europäer

wo liegt europa?
in frankreich, deutschland, polen?
madrid, rom, london?
in unseren köpfen und herzen?
oder aber:
im nachthimmel, in dem
wir alle gleich sind?

heimatsroman

hinter den häusern:
lose bäume und
momentane windstille
(wir verschieben das
weltende
zu den anderen)

doch nicht deswegen

seit jahren ist mein wille reif:
gottes magen knurrt und er wird kein kommunist.
es lauern schon die faschisten
und ihre falschen fragen?
es lauert schon das leben, und es
ruft mich wie einen toten.
es lauern schon die nachtvögel
in ihren gestrandeten booten
in denen sie jeden morgen
panisch flattern

Donnerstag, 15. Februar 2018

wenn?!

wenn die welt schweigt
bin ich ihr komplize:
mit kohlestaub im gesicht
betrete ich dich
und verweile auf den strommasten.
von holländischen seefahrern stamme
ich ab
und all meine schätze
sind geschätzt

zweierlei

ich wäre ein
wütender krieger
ein sinnvoller tod
darum bin ich herrscher
geworden?

unter diesem erdende:
es ist als würden
alle sterne
mücken töten

zwischendurch

die blauen nächte kommen,
ich häute meine flügel
wir lieben, und wir
kehren heim zu unserem
letzten verlust
wir weinen wo die see sich
weigert

rückblende

in meinem
unbeweglichem feuer
trafen wir uns,
du wolltest die nacht
schon zusammenknüllen.
ich fasse dich an
damit du
nicht mehr umzingelt bist,
ich fasse dich an und
die ungezählten vögel heben von
dir ab.

sonntagsnacht

ziehe niemals an den wurzeln:
vielleicht stürzt die welt
auf dich;
du versteckst dich
in der nacht
küsst die nacht
verlässt die nacht
schläfst ein in der
nacht.
"nach hause
kostet extra"

einfall

köpfe einen stern und sperre
dich ein im freien fall
dieser flügellose vogelfreie hat
seine schuld schon beglichen
das leben ist klüger als
die meisten und trotzdem
gibt es nicht nach?
an meinem fenster entlang
fließt das meer nach hause

Samstag, 10. Februar 2018

aphorismen

ich bin kein heiliger denker, darum bin ich vom himmel gefallen

denken unter zeitdruck: sich erinnern

unter sonnenlichtern: mein schatten schläft

ich habe die welt tödlich verwundet; sie sackt vor mir zusammen und fleht: "bitte, lass mich nicht sterben auf des feindes boden!"

die sterne sind einsam wie wassermassen

immer ist die welt alleine für sich

nie war ein gesellschaftskritiker kritisch genug, sich selbst als teil der gesellschaft zu sehen

wer immer nur rechts oder links geht, dreht sich am ende im kreis

die deutschen: mal zu viel, mal zu wenig, aber immer geht es irgendwie noch besser

lebe deinen traum, und du wirst mit ihm sterben

der philosoph hat verständnis für alles, weil er alles versteht

den willen ohne widerstand gibt es nicht; man will immer etwas, was man noch nicht hat

und in deinen worten liegt keine angst vor den sternen am tag

zuerst

woher kommst du?
nicht aus einem land, nicht aus
einem himmel, kein gefallener,
kein liebender, aber nicht unbedingt kein
geliebter, kein könig, kein königssohn,
kein niemand, kein jemand, kein
dichter, kein schlichter, kein
lebender, kein sterbender -
du in meinen erinnerungen:
willst du die sterne beerdigen?

an vielerlei ort

an deinen perlenden ufern
möchte ich
das fliegen lernen müssen
in deinen wäldern verstecke
ich mich
zu dir
nie möchte ich
das leben lernen
sondern lebendig sterben

zum leben

und wenn im winter
die luft zu leicht wird
wird die erde schwer
von himmellos toten

sich zu entdecken heißt zu wissen, wie man sich versteckt

was mag ein vogel denken von gott und der welt?

eine interpretation ist die unendliche geschichte, die nie niedergeschrieben wurde und auch nie niedergeschrieben werden wird

zwei erkenntnisse

und wie die wellen das meer unterwandern
so wandern wir heim,
in die ferne

während wir den abgestorbenen
winterhimmel entsorgten,
viel uns auf,
dass wir uns hätten lieben müssen,
wir überlebensgroßen

denken als

kitzle die nacht
der morgen wird dich auslachen
wer hält dir die sterne
aus dem hals?
plötzlich stehst du in meinem
bild, und ich habe nie angefangen,
zu malen
ich und du, wir treffen uns
in geheimen nächten

sobald

köpfe einen stern und sperre
dich ein im freien fall
dieser flügellose vogelfreie hat
seine schuld schon beglichen
das leben ist klüger als
die meisten und trotzdem
gibt es nicht nach?
an meinem fenster entlang
fließt das meer nach hause

antwort

dies ist die beste aller welten:
wohin soll ich flüchten?
es schiebt sich die welt vorbei am leben
ich halte mich fest so, wie sich
schiffe ins wasser krallen, um nicht
zu ertrinken;
plötzlich bin ich unter lauter
fremden enden

intermezzo

aber darf das leben
sterben?
oder am ende, wie immer,
nur ich und du?
leg die zeit beiseite,
mein gott,
damit tötest du noch die toten.
ich bin ein neuer mensch:
ich zähle die vögel am ufer,
die nicht schwimmen können

keine wunde

wie viele lügner sind im himmel?
wie viele tauben noch dazu?
in der dorfmitte verkaufen sie
unrealisierte hoffnungen -
ich bezahle auf rechnung.
unsere gesichter erröten tag
für tag: ein zeichen für
unsere unverwundbarkeit

also

die vögel ziehen keine
vorhänge mehr
der wind hat den himmel ersetzt
die wintersonne ist einbruchssicher
und bereits verstaut.
die straßen glitzern zu zweit,
und die meere begraben die meere
wie goldener staub

gelobt

der müde wald zittert
als wolle er
kolonisten von sich abschütteln
auf hoher see
ich habe einst in ihm geschlafen
wie ein vogel im flug
oder jemand, dessen lippen
sich beim beten nicht
bewegen;
so als wären die straßenlaternen
kinder
beugten sich die bäume im wind

sein sollen

sei kein weltenloser,
du ganzer mensch
öffne dir einen himmel und
lebe in ihm wie in
einem haus im sturm
du großer mensch! passe
auf, dass du nicht an die
nacht stößt

aufgewacht mit leichtem wind

tu deinen ersten atemzug in
der unendlichkeit
in einem gebrauchten moment,
nicht weit von minimalen sonntagen -
ausgeschlafen und unter allen
seltenen freunden
so zukunftsträchtig
müde

kein gedicht

die mäuler sind gestopft
mutter erde ist im mutterschutz
(eine liebende göttin - ?);
und wir sind so frei
so frei sind wir
dass wir manchmal nicht wissen
was mehr zählt:
die freiheit oder
wir?

man soll den tag nicht vor dem abend loben

ich stecke im innern des drachen
wie in einer liebesnacht
starre durch das maul und sehe alle
tagesanfänge dieser welt
tagesfänger klauen mir die nacht?
zumindest die liebe
bleibt

aphorismen

wenn der himmel sinkt, steigt dann schon die erde?

wenn man nichts dem zufall überlassen möchte, sollte man erstmal aufhören, an ihn zu glauben

alles ist subjektiv - aber manches ist subjektiver als anderes

liebe - wenn alle wörter genutzt wurden, um schiffe zu bauen

ein gesetz ist eine herrschaft ohne herrscher - oder die herrschaft des mächtigsten herrschers, des toten?