Poetik für den Vorwand.

Montag, 26. März 2018

nicht editiert

es trocknet die zeit aus
in meinem mund der sand aus
einem toten kaiserreich
dieses licht kommt aus
hungrigen kindermündern
dieser schatten ist das
meer, glaube an mich
ich habe schon unwichtiges
gerettet

fliegen können

dein garten war nass
von motten
wir kühlten unsere wunden am
leuchtturm
warst du je im innern der erde?
als tastest du dich durch eintagszimmer
in der nacht
die andere person
ist doch nicht deine schwester?

säkular

die müden liegen
mit offenen bäuchen
und der wind heizt den schnee
von unten
ich bleibe dabei:
wer sich erinnert
vergisst das denken

baldigst

wie ein ungeborener stern
außerhalb der nacht
mit einem halben lachen
im mund
wenn sie alle kippen ausschalten
und alle lichter verdecken
mit überlebenden
mit allen händen voll zu tun
zu schweigen, wenn boden
aufgewühlt wird

ich weine mit dir
du wendest dich ab und
beschließt mich zu lieben

gleichzeitig

jedes wort bleibt vergeben
denn du redest als
wärst du unendlich
dabei habe ich dich
neulich gesehen als
du einen stern ausgeschlachtet
hast
es wirkte, als wärst du
einsam darum wollte
ich dich nicht stören

lustspiel

zwischen gewitterwolken
und fremden frauenhänden
ich wache auf in einer
wiener vorstellung
voller gähnender passanten
ich bin jetzt frei
dabei kenne ich dich noch
gar nicht
schon wieder wärmen sie den
regen auf
du streichst ihn mir aus dem haar
als wäre er laub

zusammenhalt

ich flüchte also;
in meinem schatten
stürzen die menschen im traum.
zuhause: die unendlichkeit summt
wie eine mückenfalle:
ich greife hinter den himmel
und meine hand bleibt trocken.
an den straßenrändern liegen
palmwedel und abgefallene
flügel
ich komme nicht von hier.

Dienstag, 20. März 2018

zuhause ist es doch am schönsten

an meine sehnsucht
erinnere ich mich nicht
sie ist wie von allen göttern
unvergessen,
sie ist die angst, die ich nicht
benennen darf.
die wurzel der erde
lege ich dir auf den tisch
als frühlingsmahl
sie schmeckt nach
jedermanns lippen und zerbissener luft
-

folklore

über mir nur bemalte
nacht ich habe affären
mit zuschauern
bist du ein nachtfalter
und immer noch hier,
wenn ich hinschaue und
wegschaue?
du lebst mit den ahnen, aber
sie sind nicht einsam -
fragst nach den nächsten zug
nach osteuropa,
sagst: deine halsschlagader
schmerzt im frühling

Sonntag, 18. März 2018

saint sem

in diesem moment
fiel dir ein
dass außer uns niemand hier
sein darf
dort, wo schatten aus-
und niemand einatmet
... und deine barocke haut
berührt den meeresgrund,
ich raschle mit dem
zeitungspapier

zwei erkenntnisse übers reden

wer übers reden redet, der überredet sich selbst

wer redet ohne zu schweigen, der redet mit niemandem

wunsch

ich verschlucke den wind
und du lässt mich los:
ich schlafe ein wie du
du weißt schon
bin der erste und darum schon
nicht der letzte?
eigentlich du;
heute aber du.
am strand riecht es seltsam
nach laternen

ein bob dylan song

es brühten die akkordeons
niemand berührt deine haarsträhnen,
miss marianne.
zählst die tauben -
nur die stummen brauchen
freiheit?
ich küsse dich
und alle enden
hören auf und zu.
die straßenlichter fallen aus
und alle kreise führen
nach rom -

bereitschaft

es bleibt beim alten:
wer bleibt, kam nie
fette, alte welt
dessen wurzeln nicht trocknen
und all ihr heutigen heiligen:
gott habt ihr getötet,
selbst seid ihr es nicht

Dienstag, 13. März 2018

mutrede

jedoch fühle ich
ich belausche alle gebete
denn die angst kommt immer
nach mir
ein fehler heißt: die welt wird schwerer
eine lösung heißt: wir sind nur fußvolk
die flügel längst an den haken gehängt
nach der tragödie
ausgeschlafen.
und die gedanken sind frei,
zum glück nicht
der mensch

Sonntag, 11. März 2018

einwand

woher weißt du was
ich nicht weiß?
ich vergesse den schmerz und
werde dein vater
ich habe höhenangst: darum
habe ich meine heimat
verlassen wie
der schnellste leuchtturmwärter.
heute lächelt sie
im peinlichen wind.

genesung

ich bin
vorgekommen,
das letzte geheimnis von
jemandem,
jedermanns angehöriger
an mein bett gestellt
und die taschen voll mit
arabischen gewürzen.
ich lese von irrungen und wirrungen
und verliebte mich in einen
gottessohn

mundausdruck

alles verewigte möchte ver
brennen - und es ist nicht
mal sonntag
ich wollte mir mehr zeit
geben bin aber
der geborene gott,
kronprinz im dorf, das
ich verlassen muss

nie wieder krieg!

leben sie nach
was das leben ihnen geklaut
hat
werden sie der erste
astronaut im himmel - -
ich sehe wie du deine
pulsierenden lippen
versteckst
vor lippenlosen mücken
und alle bienen sind schon tot,
nur du und sie nicht
ich bin im exil und schreibe memoiren
von bücherhelden

shakespeare ii

meine sünden wurden
erhört
der beton befruchtet den regen
lässt aber die meere
wie ein einsamer
brasilianer
die fossilen stunden
sind keine beweise
dafür

für uns alle

draußen singen die
versteckten
ich beiße zurück
die blüten meiden meinen
körper -
ich sitze am rand des meeres?
dort wo der schmerz
nur zu einer verletzung wird

kleines sprichwort

frühling: als hätte man die welt
beim umziehen erwischt

bonmot

bin nie in kriegsgefangenschaft aufge
wachsen und soll
jetzt in den krieg?
alles, jedes wort nur name von
wortbrüchigen
und man redet nicht von sich
selbst -
es sind die tapferen frühlings
tage an denen
ich weinen darf
es aber nicht tue

blick auf!

mut heißt
die welt zu begraben
und auszuschlafen.
und manchmal nenne
ich mich selbst
beim namen
so als verabschiede
ich mich von dir,
dir, dir ...

allerdings

mein kopf ist voller
öl ich habe
nur noch fürs leben gelernt
du bist weit weg
immer noch nicht weg
wenigstens ist nichts
während du nie in meinen
sachen wühlst

für

an meinen
erfinder der vogelherzen
der zusammengelegt versteckte geruch
von orangen
ein mund wie winterschokolade
bei jedem abschied
knistern die meere
und unsere hunde
wie ägypter am strand
am undatierten morgen
singst du
und es hallt unter
den polaroid-bildern

rückweg

da gibt es keine mauer
da gibt es nur weglosigkeit
das heißt freiheit
auf dem mond
aber die sonne krümmelt
in deinem mund
und dein leben
kostet dir nichts

berlin ii

warum sprichst du über
etwas was dich nicht betrifft?
vielleicht, weil du kämpfst
und dein kampf nie begonnen hat?
der berliner mond gehört
nicht nach berlin

berlin i

berlin, berlin!
der krieg ist vorbei!
die helden stehen da
wie engel, die erfuhren,
dass es keinen gott gibt
und an jeder straßenecke:
wie die eigenen gedanken
in fremdsprache