Poetik für den Vorwand.

Sonntag, 30. September 2018

interim

sie schaut sich die
ehemaligen
himmel an ich schaue mir
sie an
beide schauen zurück;

der regen legt auf, und der
rhein zischt und denkt
mit gespaltener zunge

Freitag, 28. September 2018

emlichheim

du feiger ort!
auf deinen mondstraßen
kehren flügelmenschen heim.
in deinen kirchen
liest der tod die bibel
zuende.
deine blumenläden
und restaurants, das
vertrauen, das
vergessen

Donnerstag, 27. September 2018

ruanda

sie trägt weiße rosen
im
mund,

als die nacht anfängt am nach-
mittag

der himmel fällt von
den vögeln, und sie

staunt mit offenem
mund

pass auf

ginge es nach mir, ich
würde aufhören zu
reden und anfangen
zu regnen.
aber wie immer
geht es
nach
geradeaus

Dienstag, 25. September 2018

ein geheimnis

nicht mehr lange und
nicht mehr alles

jeder
geht jagen, damit
es niemand sehen muss

, das olympische feuer
wurde auf dem nachthimmel
liegen gelassen,
alexandrina stand auf
und ging

ich blieb auch.

Montag, 24. September 2018

ehrlichkeit zahlt sich aus in diesem land

wähle keine
falschen wörter wähle
auch nicht mich
irgendwann wird jeder
revolutionär
und sei es nur, um zu
sterben

Sonntag, 23. September 2018

wenn es mal brenzlig wird

ich selbst
ohne tageszeit und mit
erfüllten erwartungen,
auch das ende ist bekannt:

ich, ein thermodynamisches
gesetz, und
du hast mir herbstbäume
gepflanzt,
als noch erde über war,
"mach die augen zu,
dann kann ich dich nicht sehen"

Freitag, 21. September 2018

als ich noch nicht jung war

der boden, auf dem
ich stehe,
stirbt einmal.
still, wie kein vogel
am ende des himmels,
klingt dieser krieg
russisch:
sterne im boden,
kartoffeln im himmel.

skizzen für einen songtext

without my guilty fear
i became a pioneer
with full hands
and empty worlds, too
i was in front of you

In spain, I was an animal
in italy, i was a free radical
i jumped from the black night
like all innocent moonlight

met bob dylan the other day, he said
he can't sing, i said he can't talk

Mittwoch, 19. September 2018

heute, spät

für alle zeiten
bin ich
weg,
und du bist ja
auch noch
da, wie
abgesagte militärparaden oder
meine tote
angst

Samstag, 15. September 2018

manchmal

der himmel ist eine traube

der mensch ist ein mund

die erde ist schwarz wie eine katze

paris ist amsterdam

Freitag, 14. September 2018

democracia

wenn ich
zweifle an einem blutenden
morgen,
heißt es wieder aus
regierungskreisen,
"klar ist, dass",
aber die nacht wird ja
auch noch
tagen.

Mittwoch, 12. September 2018

weisheit

niemals die angst
fürchten: denn sie kommt
von überall und
kann nicht flüchten

in keinen anderen
worten: schlucke die nacht, damit
du fliegen kannst

Dienstag, 11. September 2018

was tun?

rauchloser mond, unter
dir die
mundlose pandora, die
ich küsse. wie auch immer alles
endet,
sie berührt mich, nachdem ich
sie
unendlich vergaß

großkunst

kehre nicht um ohne
alles,
liebe mich nicht ohne nichts.
du kommst aus europa,
europa kommt nicht;
du warst schon immer ein
hellseher in bomben-
nächten

Sonntag, 9. September 2018

groß sein

du, belebtes
leben, alles muss sein,
die stille ist nackt und
du nicht.
finde mich, wieder.
schlafe nicht, sondern
mehr.

Samstag, 8. September 2018

idlib

wie es ist, keinen
feind zu haben, wenn der feind
keinen feind hat; 
in den gassen:
menschenleere menschen

Freitag, 7. September 2018

chet

sehe nichts,
ein einheimischer ist
ein tier namens nacht,
in jedem anderen krieg
erfindet man

mich,
gewissensfragen
und ein fragendes
gewissen,
du und niemand und niemand

Donnerstag, 6. September 2018

et tu?

jemand rufte mich wach,
als ich in keinem
krieg war: der herbst dieses
jahr liebt
mich
ohne kopf

drei aphorismen

die leere ist nicht kopflos: früher oder später stößt du ihn dir mit gott

von den dingen, die zu groß sind, sie zu verstehen, sagst du, du wärst das kleinste

lügen: ohne frage zu denken

im stadtpark hinter der synagoge

die zeiten sind vorbei.
sie blicken mich nicht
an und kommen
an.
es ist nicht, als wären sie
du, es ist nicht, als
wären sie
ich.

Dienstag, 4. September 2018

taubensprache

blauäugiger himmel, ich küsse deine
hände, und lasse alle
vögel fallen, die
hüften der kirche leuten, ich
kehre durch sie
heim,
zu spät für alle, die schon
schlafen.
(rotäugiger himmel, ich küsse deine
lippen)

Montag, 3. September 2018

keine

hinterher, alle fragen
sind geküsst auf
mund und
dir,

ein mündiger bürger,
liebt schlauer als er ist,
verteidigungslos wie
ein gott,

die fliegen, als würde das licht
zurückkehren mit
jedem

Sonntag, 2. September 2018

islamabad

ich erkläre dich für
schuldig, du

bist ein gedanke
aus holz, ein pferd mit
schwarzem frühling im
magen, ein
bekannter tatvorgang:
tatenloser mörder,
hier
kriege ich den frieden zu
fassen.

lückenleise

ich bin wieder
begehbar, einfacher
als eine lüge, ein hund, der
ins weltall geschossen wurde,
wenn du mir den kopf
aus aller welt
ausziehst;
der deutsche traum,
die hermesfüße der
revolution.

gott

gott, hörst du
mich? lass dir ohren
wachsen.
ihr griechischen götter, hört
ihr mich? ihr müsst euch die
ohren zuhalten.

erst

erst siegen wir
angstähnlich,
die sieben fertigen
erliebten,
die aufhören zu zittern,
ähnlicher der angst.
zünde mich an und es
brennt anderswo,
woanders