Poetik für den Vorwand.

Donnerstag, 30. November 2017

portugiesischer kaiser

ich fühle
den atem von söhnen
und töchtern
auf den lippen
ich bin ein feindloser feind
eine himmelswurzel
sturmfest in der dämmerung

ein wort

ein wort zu dir, wo
dein atem wie jahrhundert-
weite sommerluft die die
blätter wie knospen mit der
fingerspitze streift -
wie schiffe, getragen von
tiefer unendlichkeit
und tragend jedermanns gold

ein wort zu dir, wo
der warme regen perlt
von deinen lippen wie
holländische namen und
das meer, auf dem ich kam,
lauscht nach stillen schiffen
und gedenkt seiner überwundeten angst

ein wort zu dir, wo
sonnenblumen gepflückt wurden
im farblosen wind
deine augen wie das holz
aller schiffe, die durch wellen gleiten
wie durch nasse gräser auf bergen

ein wort zu dir,
ein voller mond
und deinem wandernden körper, dem meer
das in all meine wörter floss
als ich in dir schwamm

niemals

während der geisterschlacht:
die lichter weiter weg als
der tod
als würden sich die gestirne durch
fremde, stille dörfer tasten
an den bäumen hängt der nebel wie
ein alter name

für den hinweis

jede flucht
keine verweigerungen
älter zu werden als der tod;
alle zeiten wachsen
in den himmel und die erde

über eine ideologie

rote flaggen vermischen sich
nicht mit dem schnee
die beste aller zeiten; himmelssucht
die stimmlosen menschen stimmen zu

merkspruch

die mücken hieven die sonne:
jedermanns dornenkrone

wochenende

keine entfernungen zu kennen wie
die wunden im winter
überleben ohne lebensgefahr
jemand sagte mir:
"der krieg steckt uns nicht in den knochen
dann wären wir schon tod"

ode

warum wir?
hast du jemals die anderen gesehen?
ein land, luft hinter den bergen
ein land, die höhle der nacht,
weil jede stumme stimme
keinen stimmfang betreibt

nebenlinie

durch die lichtung fliehen -
in den baumkronen
blieb die stille stehen
das meer hält sich fest
alles blickt in die welt, als
sei es vom licht ertappt

Mittwoch, 22. November 2017

für alle

die erde wächst
der himmel schließt die augen
als könntest du keine noten lesen
sprichst du mit mir
und das meer flimmert
wie neue filme

erdball

geflüchtete nächte, verstreute die blüten
des meers
der atem eines vogels und die
körbe auf den köpfen
dort, wo sich die sonne vergräbt
die augen eines lippenlosen entdeckers

Montag, 20. November 2017

für jedermann

die sirenen glitzern hinter den
augenlidern
fahrräder und angeschossene jäger
ohne blut
die nacht, ein gescheitertes staunen

heilig

es starren tausende augen
die sich nie geschlossen haben
in königreichen zu leben
und ruhig sein zu müssen in nächten
aus fernen ländern mit
pünktlichen meeren

leiden

flüsse, alt wie der wind
abgenagte kriege und
entkleidete kirchtürme
ein winter im geschichtsbuch
deine hand streift über die gardinen
an einem anderen ort

appell!

die reisenden bleiben auf
ihren rädern sitzen bleiben
immer in der nachbarschaft
bleiben näher und näher
bleiben!

zurück?

die bleibenden
kennen keinen sonnenbrand
schatten kennen keinen dolchstoß
und die unterdrückten stürmen zur sonne

Mittwoch, 15. November 2017

graue kälte

am rand eines ungenutzten
weges wurden schiffe, sonnenblicke
und namen weggeschafft
ein mann weint leise in
mir selbst
und bedankt sich später bei mir

momentfrei

ein verwundeter blickt in den
nachthimmel und sieht
nackte funken
alle musik der welt verstummt, denn
sie spricht mit anderen
nur er, lippenlos, erzählt davon
wie er einsam stirbt

Montag, 13. November 2017

morgen sind wir frei

das knistern der köpfe
die sich schlafen legen
um der stille zu entkommen -
der atem eines unsterblichen
im winter
die bettler wie die einzigen
eingeborenen
und lichter wie insektenflügelschläge

post

über bochum, ein heimatloser
himmel ein weg entlang adern
die in den himmel wachsen
himmelstief gestürzte geister -
gebete und thesen drucken

griechen

wir sehen das tor zur welt!
weg mit den augen, die nur den ohren
folgen können
weg mit den wellen, die vom wind
befreiten sklaven
weg mit den ländern, die nie ein
gott verlassen musste -
durch das tor zur welt, unserer
heimat.

deutschland

zu einem plötzlichen himmel
ein schlafloser tod
für den, der immer wacht
wie ein wartender bote
dies, ein altes land
das nie sterben wird

freitag

und die wörtlichen heimat-
städte mütter wandern
im wind
in dieser nacht stehlen wir
das meer und rudern zurück
nur wie der himmel die
angst ablegt -

mittelweg

unter den opfern befindet
sich ein engel
die musik vor den türen wartet
weil der herbst nie kommt
er ist gemacht für neue seefahrer
und alte verstorbene

Dienstag, 7. November 2017

polen

kratzer auf dem lichtpanzer
all die heimatlosen entdecker
legen ihre waffen nieder
in einem sommer, geboren im winter
wo jeder atem
der eines gespenst ist

dort drüben

zwischen den zeiten; dein kuss
kam davor
die winterlichen goldfunde und
die vorgetäuschten flügelschmerzen -
wo die nacht wie ein münzwurf klingt

Sonntag, 5. November 2017

flüssig

licht schließt das meer
ab ein geist weint tränen in
frankfurt
die toten unsterblichen
kennen nur die nordsee,
nur -

zugehörig

es ist schon eine
andere welt gewesen
obwohl ich, der auf dem berg
geboren wurde, von dem
meer enttäuscht werde -
in diktatorischen nächten
will niemand ins welt-
all

Freitag, 3. November 2017

rhythmik

die nacht ist tod! die nacht ist -
schrien echte entdecker
darunter ein geflüchteter gott.
du küsst die nacht, indem sie dich
behütet vor ihren gefahren;
in einer stillen nacht schlafen
die anderen

erfahren

du hast die
pariser lichter als erstes am
nachmittag
gehört der seefahrer
verliert keine minuten, sondern
jahrhunderte
er fährt auf
ehrlichen sternen

Mittwoch, 1. November 2017

überleben

wie eine entdeckende umarmung -
den rücken freihalten zwischen ver-
dorrten himmelsfarben, in denen
vögel hausen.
die nächte werden kälter und das
warme wird
näher; ein toter stern fällt
auf unser schiff

groningen / hong kong

in den details suchst du
erinnerungen an tote berge
wie aus einem guss -
unter den zitternden schatten der
funken
woher kommt die welt? aus
buzios

einsam?

es ist, wie der
einsamkeit einen mund zum
küssen zu geben
unter einem himmel zu leben, der
mond und sonne nicht
trägt
wo der winter eine
unabhängigkeitserklärung ist

winter

der sommer unter gestopften
mäulern die nicht
mehr nach freiheit schreien
können

südlich

ich werde geboren an orten
die entdeckt und verlassen wurden;
jeder ort ist egal, also ist es
dieser nicht.
und die berge sind wie
gotteshäuser in der nacht