Poetik für den Vorwand.

Mittwoch, 26. April 2017

rhetorische frage

das universum flüstert, es flüstert
jedes beleuchtete fenster in
der nacht ist reklame, ist reklamiert
das erkennen der abhängigkeit ist schon
deren lösung, sagt
der greis stirbt er denn mehr
als sonst wer?

an nietzsche

die zeit ist selbstverliebt:
sie liebt sich nicht selbst
wie das meer die wellen
abstößt
wie der liebende gott
uns einen todeskuss
gibt

schreibe liebesgedichte an dich selbst;
sie bleiben unbeantwortet

kindheitserinnerungen / doktor kant

wo ehrliche doppelgänger
und romanfiguren
aneinander denken müssen
wo berührungen orte,
weil erinnerungen nichts mehr wert
sind
wo kein müssen, da kein können
- das versprechen an der zukunft
war seiner zeit schon immer voraus,
sagten die zeitgenossen

merkspruch

dass das richtige
berichtigt wurde
macht es auch nicht
richtiger

sprichwörtlich

wer auf den boden
der tatsachen kommt
ist gefallen
wer auf dem hohen ross
sitzt reitet in die verlorene
schlacht

allzumenschliches

die menschen haben
sich ihren eigenen gott
erfunden
einem selbst gehorcht man noch
am meisten
nur: was erfunden wurde,
stirbt nicht
und was nicht stirbt, hat
keine zukunft

aufeinander

wenn der hall verstummt
beginnt er
wie himmel und erde
erde und himmel
als ob der regen
fallen gelassen wurde

Mittwoch, 19. April 2017

zwei sinnsprüche

mit der liebe verliert
man die welt
und gewinnt das universum

alle wörter zu
kennen ist die letzte
sehnsucht
so wertvoll wie
ein versprechen an sich
selbst

jeder hat seinen namen

den traum muss
es vor dem schlafen gegeben
haben

die wörter wachsen, die wörter
wachsen
zu alter größe, zu alter
größe
mit dir, mit dir

den traum muss
es vor dem schlafen
gegeben haben

trinkspruch

das grausamste:
alles zu wissen
und nichts zu erfinden.
und wer spricht hat
nichts zu sagen
und wer etwas zu sagen hat
der hat schon gesprochen.

eigentlich ein samariter

ich schreibe für die
die das böse überwunden haben
indem sie es selber wurden
ich schreibe für jene
die nach der revolution nicht
mehr schreiben, sondern nur noch lesen
können

könige

doch wenn der
wind fällt
steigen lose blätter
auf wie von
geisterhand

Freitag, 14. April 2017

holland, wo gott auch nur mensch ist

wo himmel und erde
sich ob fehlender
zuschauer
nicht küssen -
troja ohne troja,
ein trauerspiel
mit ankündigung und vorverkauf
- es ist immer dasselbe:
die natur will nicht lernen

sehnsucht, bevor

in die ferne:
dort, wo die sehnsucht
so groß wird,
dass sie sich selbst
erfüllt

lange rede

die lösung hat
ein problem;
nämlich, dass sie
die lösung auf
ein problem
ist

Dienstag, 11. April 2017

nicht der rede wert

"warum sprichst du die lösungen
in metaphern aus?"
"versuche, eine metapher ohne
metapher auszudrücken, und du siehst,
warum"

Montag, 10. April 2017

der sonnenphilosoph

ich bin das unparteiische
im gedicht
darum schweige ich, schweige ich
schweige ich, schweige ich
ich bin heller als die sonne,
weil ich in der nacht leuchte
als schatten

Sonntag, 9. April 2017

was falsch ist, wird durchgestrichen

mein werter leser,
ich danke ihnen, mein
gedicht gelesen zu haben.
nur leider ist es keines.
wer nicht schreiben kann, ist
klar im vorteil.

rio

jeder dieser berge will
sich doch selbst im wasser
ertränken
aber sie stehen schon
auf den atmenden rücken
ihrer väter und mütter

Samstag, 8. April 2017

Freitag, 7. April 2017

zwei gedanken zum 07.04.2017

er wählt das schicksal
nachdem das schicksal
ihn gewählt hatte

-

ein im voraus gewonnener krieg
ist immer ein hinterhalt

einige aphorismen

ihr sagt, ich sei misanthrop; wer ist das nicht?

jeder, der etwas sagt, meint es eigentlich anders - ansonsten könnte er es für sich selbst behalten

die emotion ist schön - wer aber über sie spricht, gibt ihr mehr sinn als sinnvoll ist

die vielen betrauern mit jedem glockenschlag den tod der musik - die wenigen schweigen auch zu den tönen, die nicht gespielt werden

der aphorismus ist die rettung wenn das gedicht anfängt zu reden

traum neben traum

er zeigte ihr
schlafende geister
sonnen, die über
erden brüten
tänze, die die musik vertreiben
liebhaber auf bildern,

hoffnung, noch nicht

die zukunft ist mehr
gesetzt als ungeschriehen;
ansonsten löschten sich die
sonnen in den meeren,
und die meere
verdursteten

abgezählt

zu denken wagen -
die büchse der pandora
wird nicht weiter vererbt
alles papier ertränkt
und der autor langweilt sich;
das himmelszelt fällt ineinander
und die ersten wellen
sind geblasen

falscher aphorismus

ein gott, der bücher
schreibt, betrügt sich
selbst, ohne dass es
andere bemerken.
-
in den gedichten gibt
es immer zwei götter,
denn sie sind von
menschenhand.

wohnzimmer-gedanke

die elemente werden
ausgetauscht
die vögel dürfen
singen  jeder gesang
ist von sirenen
aber die vögel singen
weiter

nach dem moment

götterstaub, götterraub
die erde geschaffen,
nach mythischen worten,
jetzt schafft sie sich wieder ab.
sie machten zuviel sinn,
und wir sollten zu wenig.
unsre letzte rettung ist auch
die kleinste: das all

über die zukunft

weil die nacht leuchtet
blutet der tag
und fällt am ende

sag es mit mehr worten als nötig

das verschollene
gibt keine gezeiten
nicht ertrunken
gesang der sirenen
neu vertont

mutter gottes.

das freiste am menschen:
die vergangenheit
da bereits bestimmt.
warum nicht
alte ziele als neue
bestimmen?

der sinn von erinnerung

der unbekannte soldat
ist naheliegend ge-
fallen
- man muss sein grab
vor der einsicht bauen