Poetik für den Vorwand.

Mittwoch, 24. Januar 2018

diverse aphorismen

das leben dient dem zufall wie einem könig

jede verlustangst ist die angst vor dem verlust des verlusts

jede schule im leben: hereingekommen, um schlau zu werden. herausgekommen, um zumindest etwas zu werden.

um die finsternis zu überwinden: sie anschauen?

weltkrieg: die ganze welt ist im krieg - gegen wen eigentlich?

nietzsche ist wie ein gott, der zum ersten mal auf die erde tritt

blick aus dem fenster

das innere der erde wird
nur nachts beleuchtet
dort auf dem sternenfriedhof.
gleich links, welche jahrhundert-
wende meinst du?
der geruch der gräser, auch nur eine
vogelstimme

ironie?

oh! ich breche
wie wassermassen,
regungslose sterne,
freie geister, die
die marianne zu küssen versuchen. -
am ende meiner tage
kommt erst einmal die bettruhe

sommer

verehrer der sonne
untereinander beglückwünscht ihr
euch, denn nur schönheit kann
blenden
ihr, die ihr euch unter der sonne
kleider versteckt im
sommer
die euch viel zu groß und
auch aus anderer zeit sind
ihr haltet sie fest wie
ein totes, aber gläubiges meer

ursprung im raum

"wie die, die ihr ganzes leben
wurzeln in die welt schlagen
und eines tages auf meer stoßen -
wie die bin ich
nicht aufgewachsen
sondern verwachsen"

ein kind bestaunt einen
wald im wind
und wird von der mutter
nach hause gerufen

für den netten besuch

ich bin weder lebensgroß noch
glitzern die distanzen
in meinem schlafzimmer
(wie in guten alten dunkelblauen zeiten).
dieser boden gehört den entdeckern
den göttern im königreich
darum laufe ich auf ihm
mit dem staunen derer, die
aus der natur verbannt wurden

Pidin scaler in deruunîcstetiuunt pivallan

ich bin ein drache den man
über die welt gespannt hat
unter mir singt die liebe, die
nicht lieben kann,
spielt auf zweideutigem flüstern
in vollen ewigkeiten
aus stein, holzkreuz und kerze

versuchung

aber führe mich, wie mit
verbundenen augen, durch
die stimmenschwere luft
an der küste
und vor den mutigen
bergen
führe mich durch die neue welt,
diese, die nur boden und himmel hat,
wie einen zufriedenen sklaven
der ich nicht bin

zeit leben

über uns ist nur
wüstenschnee wir waren
uns fremd wie freie es sind.
wo werden wir sein
wenn alle flügel der welt
die erde abdunkeln?
wieder warten auf den frühling ... -

Montag, 15. Januar 2018

szene aus dem vorort?

der mond, satt wie eine
blüte; die gefalteten stadtvögel
horchen auf, einer ist
ganz welk vom regen.
du fragst einen wanderer nach
dem weg er grinst so
wie jemand im schlaf
grinsen muss.

die drohung

wie mit der angst der vögel
zittern wir, sterne am nachmittag
verwurzelte kathedralen, die
nie den himmel lieben werden
lichter tasten dein gesicht ab wie
eine fremde hand?
wir wurden befreit aus unseren träumen,
die wir uns nicht ausdachten

deutschland / brasilien

es sind verlassene orte, an denen
es summt, zirpt, betet, knistert,
klirrt und gitarren laut lachen
an denen gräser im wind
stürzen und niemand an den
wurzeln zieht
nur hier kann man sich sehnen
nach regenwald

inzwischen

ich stehe vor der freude und sie
ist eine wolkenlose nacht
ich taste sie ab und meine finger sind
wie ersatzanker
ich hatte brieftauben geklaut, und sie
wurden zu schmetterlingen; ein alter
mann sagte mir, das falsche sei auch
nur ein anderer mensch. am nächsten
morgen starb er. so, wie ein
schmetterling eine libelle
küsst

Donnerstag, 11. Januar 2018

zwei weisheiten

wenn ein mensch die welt tragen könnte, könnte sich die welt dann nicht selbst tragen?

gesetzt, zeit ist ein fluss; wo ist dann der ozean?

in brasilien

in brasilien ist die welt
zuende, dort wo die mücken
schwirren um nackte glühbirnen
im still ersoffenen garten,
wasser das wie angst stehenbleibt
mit abertausenden, gewöhnlichen
warnlichtern

kleine rundfahrt

müde dichter liegen wach
unterm leuchtenden nachthimmel;
und unberühmte liebende sind
nur in geschichten
oder wir.
diese toten haben keine
verwandten

lieber leben

in der endlosigkeit verbrennen
die lichter wie unsterbliche
auf dem schlachtfeld schreien
aus falschen gründen
im richtigen krieg
die bäume halten den
himmel (auf)?

wellenbrecher

ich flüchtete und kam verliebt
wieder in eine andere herkunft
wo das meer geköpft wurde von
jugendlichen in einer sommernacht
man steigt in den abgrund hinein;
eine selbstgemachte nacht mit
lichtern die wie schäumende
tropfen dein gesicht benetzen -

ein tag im januar

an kalten tagen wird
der himmel so leicht: man möchte
auf ihm laufen
die vögel die nackten bäume bekleiden
lassen bis sie zu früh abfallen
und wiederkehren -
es glüht die welt wie
unberührte glühen

jetzt ist gut

in diesem verlassenen versteck
wuchs ich nicht, sondern wurde
größer wie ein himmel
größer wird wenn er sich verdunkelt
und der rauch, die liebenden und
gottfried benn nach hause gehen

vogelfrei

aus dem fenster starre
ich wie ein natürlich
ersoffener vogel
die straßenlaternen leuchten
nicht bei unwetter
noch bei sommerhitze
hinter meinem rücken
mag die welt sein
vor mir ist
sie

zusatz:
ich wurde im exil geboren;
ich habe keine sünde begangen

für brot und suppe

du siehst:
etwas kommt auf dich zu
nie könntest du es sein
der frühling wird langsam
einsam
und liebt die einsamen
wie gottheiten die menschen
lieben

nacht. ein zyklus

in dunkler nacht wander ich umher
die sonne, die sonne! sie war so schwer
sie fiel herab auf mich
und sehen konnt ich nich!

spät nachts, wenn niemand redet
schwafelt meine gitarre

die zungen schleichen
heute nacht

der see vor meinem haus kommt nicht
aus einem buch
sondern aus dem himmel

der regen fällt
er fällt
wie ein gesicht

im wind greifen die bäume nach etwas:
ihren wurzeln?

ein mensch
ist?
und ein baum
bäumt sich auf?

Montag, 1. Januar 2018

herauf

ich habe es mit den
fremden abgesprochen
ohne etwas zu sagen, so,
wie die erde sich nichts
zu sagen hat
ich bin kein kriegsopfer:
niemand riecht angstschweiß
im winter
warme lichter flüchten in dein haar
so wie ich das meer anstoßen muss

begegnung mit einem gott


es klopft an:
ein reisender, der wieder
fort will
und du trittst zurück in dein
haus wie in dein
gläubiges leben.
am nächsten morgen war es nur
eine erinnerung an einen
traum

neustadt

porto:
brücken über einem meer
das sich selbst versteckt
mit wellenschlag und
stillstehendem himmel
die häuser ein einziges laub
denkmäler an
amazonas

abends

und die sterne sind auf augenhöhe mit
django reinhardt

in paris ist der jazz
tot und lebt auf der straße

emlichheim, 2018

alle stimmen der welt höre ich
nur sagen kann ich nichts

vorstellung oder hoffnung?

lichter fallen auf nackte haut,
man muss die wintersonnen schon
berühren.
die seele krächzt
in den himmel fliegen
kann ja jeder
dich am boden zu halten
ist schon schwieriger